Frechheit kommt weiter. Und wer in seinem Roman die gerade im Ruhestand angelangte Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel als Protagonistin einsetzt, der darf damit rechnen, weiterzukommen. David Safier hat die coole Ausgangskonstellation mit »Miss Merkel« als Detektivin gewählt, die zu allem Überfluss auch phonetisch noch an die literarische Kunstfigur »Miss Marple« von Agatha Christie erinnert. Angela Merkel kann sich gegen eine derartige Vereinnahmung kaum wehren, da sie als Person der Zeitgeschichte natürlich auch in die Kriminalliteratur eingehen kann.

Miss Merkel hat sich mit ihrem Mann Joachim und einem übergewichtigen Mops namens Putin in ihre uckermärkische Heimat ins fiktive Klein-Freudenstadt am schönen Dumpfsee zurückgezogen, um sich von ihrem stressigen Leben als Bundeskanzlerin zu erholen. Obwohl sie nach 16 Amtsjahren nun Ex-Kanzlerin ist, wird sie ständig von einem Personenschützer begleitet. Der Mann hat indes kaum zu tun, da Klein-Freudenstadt ein derart verschnarchter Ort ist, dass ein Otto-Normal-Attentäter bestimmt noch nicht einmal von seiner Existenz weiß.

Bei einem Waldspaziergang begegnet ihr dann ein Ritter in voller Rüstung, der sich als Freiherr Philipp von Baugenwitz vorstellt und die Zugezogenen zu einem Fest auf sein Schloss einlädt. Sie folgt der Einladung, lernt die hochgeschraubte aktuelle Frau des kostümierten Freiherrn ebenso wie dessen Ex-Gattin kennen. Bei einer Schlossführung kommen sie zum Weinkeller, dessen Tür von innen verschlossen ist und kurzerhand von Personenschützer Mike eingetreten wird. Irgendeine Aufgabe muss ein unausgelasteter Kraftmensch schließlich übernehmen.

Im Weinkeller treffen sie den Schlossherrn wieder. Er ist tot. Vor ihm steht ein Kelch, der einem Gralsritter Ehre machen würde, aus dem er offensichtlich getrunken hat, um daraufhin ins Jenseits zu wechseln. Für Miss Merkel ist klar: Der Mann hat sich nicht selbst eingeschlossen und den Schierlingstrunk aus freien Stücken eingenommen. Er wurde ermordet!

Nun erlebt der Leser die Ex-Bundeskanzlerin bei ihren Ermittlungen. Ihre jahrzehntelang geschulte Begabung als Problemlöserin macht sich bemerkbar, und sie begibt sich auf die gefährliche Suche nach dem Mörder.

David Safier hat seine Krimikomödie in gefälligem Dialogstil geschrieben, der ohne Anspruch und Tiefsinn ein paar Stündchen vergnügliche Lektüre garantiert. Dem Bekanntheitsgrad der Protagonistin ist vermutlich der Aufstieg auf den 1. Platz der Spiegel-Bestseller-Liste zu verdanken, jedenfalls verkaufte sich der Band wie geschnitten Brot und erreichte in weniger als einem Jahr 15 Auflagen. Selbstredend verlangt der Erfolg Fortsetzungen, und inzwischen gibt es mit »Mord auf dem Friedhof« bereits einen zweiten Band der »Merkel-Krimis«.

Wer Ablenkung sucht und schmunzeln möchte, wird mit »Miss Merkel« gut bedient.