Hinabgestiegen in das Reich des Todes

»Hinabgestiegen in das Reich des Todes« ist eine Aufarbeitung des Konzentrationslagers Ladelund in Nordfriesland. Jeder der Anwohner wusste von dem Lager, in dem politische Gefangene, darunter viele aus den Niederlanden, barbarisch zu Tode geprügelt wurden.

Ein Teil der Häftlinge stammte aus dem niederländischen Ort Putten. Nach einem Anschlag auf ein deutsches Militärfahrzeug, bei dem ein Soldat umkam, wurden die Männer des Ortes zusammengetrieben. 659 kamen als Racheakt in verschiedene Konzentrationslager, lediglich 48 überlebten. Mehr als 100 der Männer aus Putten wurden nach Ladelund verschleppt.

Der damalige Pastor Johannes Meyer versuchte, den vielen Toten ein halbwegs anständiges Begräbnis zukommen zu lassen. Er heftete sich dazu sein goldenes NSDAP-Parteiabzeichen ans Revers und verhandelte mit dem SS-Kommandanten, für den seine Gefangenen nur Dreck waren.

Pastor Meyer war glühender Nationalsozialist. Er war überzeugt, sein geliebter Führer Adolf Hitler wisse nichts von den Grausamkeiten seiner Untergebenen und schrieb ihm sogar einen Brief, um ihn auf die Verhältnisse hinzuweisen. Diesen Brief warf er anonym in einen Postzug in Niebüll ein, denn so viel war auch dem Nazi-Pastor klar: Wer sich kritisch äußerte, schaufelte sein eigenes Grab.

Das Spannende an der Auseinandersetzung mit der Figur Meyers ist sein aktives Eintreten für das NS-System auf der einen Seite und sein christliches Bekenntnis auf der anderen Seite. Er war überzeugt, dass Versöhnung nur unter dem Kreuz und bei den Gräbern möglich ist. So setzt sich ein Teil des Buches mit diesem Widerspruch auseinander, ein weiterer Teil ist der beispielhaften Versöhnungsarbeit gewidmet, die sein Nachfolger im Amt, Pastor Harald Richter, leistete.

Erschütternd ist die Lektüre auch mehr als siebzig Jahren nach den Ereignissen, wenn man den Augenzeugenbericht eines der wenigen Überlebenden und die Aussagen Meyers über jene Schreckenszeit liest. Jeder wusste von den Verbrechen der SS, die Schwerverbrecher einsetzte, um die politischen Gefangenen zu quälen. Eine tiefe Abscheu über die Untaten war den meisten Bewohnern des Landstrichs eigen, bedingt auch durch die Nähe zu Dänemark, dessen Bevölkerung die Deutschen für ihre Verbrechen hasste.

Niemand konnte später behaupten, er habe nichts von KZs und Massenmorden gewusst. Dies Argument, dass immer noch in der Diskussion eingesetzt wird, um das deutsche Volk zu entlasten, wird hinfällig nach der Lektüre dieses Buches. Im Gegenteil: Jeder sah fassungslos mit eigenen Augen, was geschah und war zugleich ohnmächtig, da die geringste Regung vom Apparat und seinen Schergen brutal geahndet wurde.

Die Aufarbeitung führte dazu, dass sich Putten und Ladelund nach Jahrzehnten wieder die Hand reichen und das Licht der Hoffnung leuchten lassen. Das vorliegende Werk dokumentiert dies eindringlich. Trotz des sehr eigenen theologischen Ansatzes ist es lesenswert, auch angesichts des Erstarkens nationalsozialistischer Ideologien, die nicht nur von verwirrten »Reichsdeutschen« politisch getragen werden.


Genre: Geschichte
Illustrated by Lutherisches Verlagshaus

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