Abaton

Abaton Teil zweiMit Spannung war sie erwartet worden: die Verlockung des Bösen. So der Untertitel der als Trilogie angelegten Jugendbuchreihe Abaton. Das Autorenduo Christian Jeltsch und Olaf Kraemer bleibt seiner Linie treu und hat seine Science Faction – so nennen sie selbst ihren Genre Mix aus Mystery und realen jugendlichen Lebenswelten – wieder im Stil eines Drehbuchs geschrieben, angereichert durch zusätzliche Seiten mit Plänen und Symbolen. An Rasanz und Geschwindigkeit legt Teil zwei noch einmal zu, dafür aber nicht unbedingt an Klarheit.

Simon und Edda haben sich gegen die Verheißungen der Gene-Sys-Gruppe und für die Freundschaft mit Linus entschieden. Gene-Sys verfolgt jedoch weiter ihre Wege und zwingt die drei, in den Untergrund des Berliner Großstadtdschungels abzutauchen. Die drei Jugendlichen werden sehr bald mit der dunklen Seite der großen Stadt konfrontiert und sind mehr als einmal gezwungen, um des reinen Überlebens willen ihr Ziel zu vernachlässigen. Ihre Freundschaft ist ihre einzige Konstante in dieser für sie fremden und feindlichen Welt. Dass Linus und Simon beide mit aufkeimenden romantischen Gefühlen für Edda zu kämpfen haben, macht es ihnen nicht gerade einfacher, diese Konstante auch zu wahren. Dennoch verfolgen sie hartnäckig und nur selten beirrt ihr Ziel, Eddas geliebte Oma Marie aus den Fängen der undurchsichtigen Gesellschaft zu befreien. Gene-Sys vermutet, dass Marie bis heute Geheimnisse und Informationen aus den Gründungsjahren der Organisation bewahrt, die ihr von ihrem Vater, dem Wissenschaftler Bernikoff – einer schillernden Figur aus der Zeit des dritten Reiches – anvertraut wurden. Nicht nur Gene-Sys sucht Antworten, auch Edda, Linus und Simon werden rastlos von ihren Fragen umgetrieben. Abaton schlägt in beiden Teilen den ganz großen Bogen zu den Themen, die Jugendliche zu allen Zeiten am meisten umgetrieben haben: Die Frage nach dem Existenziellen, die Frage danach, ob und wie die Welt überhaupt noch zu retten ist.

Ratlos sind leider sind nicht nur die Protagonisten des Romans, auch der Leser sucht immer noch nach Antworten. Auch nach Teil zwei ist er so schlau wie zuvor. Kritische Masse? Die Welt verändern? Ja, da war was. Fragt sich nur immer noch was. Zum Schluß wird auch noch Kurs auf ein unbekanntes fernes Land genommen. Lost lässt grüßen? Egal, wie rasant so ein Plot daherkommt, ich finde insgesamt 844 Seiten schon arg lang, um nicht wenigstens einen Erklärungsansatz zu bekommen, wohin das Ganze steuert. Der Spannung an sich tut das nicht gut. Erst recht nicht, wenn der Unterton des Buches diesmal durchgängig düster und beklemmend bleibt, mir schon fast zu düster. Da helfen auch die gut gemachten Zitate und Verknüpfungen mit alter und neuer Popkultur nur bedingt. Was mir ebenfalls nicht gefiel und ein ungutes Gefühl hinterließ, waren die aus dem geschichtlichen Kontext gerissenen Anleihen und Assoziationen aus der Zeit des dritten Reiches. Ich erlaube mir zumindest den Hinweis, dass ein Fakten aufgreifendes Gespräch mit jugendlichen Lesern eine wertvolle Ergänzung sein dürfte.

Aber – dieser Abschnitt stand unter dem Motto “kleinliche-Kritteleien-einer-Mittvierzigerin-für-die-das-Buch-gar-nicht-geschrieben-wurde.” Ganz anders nämlich die Zielgruppe, die wie im Vorjahr aufrichtig begeistert war und Band drei entgegenfiebert. Erteilen wir also -wie im Vorjahr- der Jugend das Wort:

Malte, 15 Jahre:

Abaton- die Verlockung des Bösen – ein verheißungsvoller Titel für den 2ten Band der Abaton Trilogie. Nachdem der erste Teil überraschend sehr beeindruckt hat, wurde der zweite mit Hochspannung erwartet. Doch der Einstieg in das Buch gestaltete sich ungewöhnlich zäh, man musste sich durch die ersten 40-50 Seiten förmlich schlagen/beissen/kämpfen. Was einerseits daran lag, dass der erste Band sehr viele Informationen darbot, die nötig sind, um das Buch zu verstehen und welche man allerdings erst wieder aufgreifen und erinnern muss, bevor man Spaß an dem Buch findet. Andererseits setzt das Buch nicht sofort nach dem ersten Band ein, sondern um es zeitlich einzuordnen, ein paar Wochen/Monate danach. In meinem eigenen Fall wurde es damit sehr schwer, sich einzulesen. Doch nach und nach wird man, wie schon aus dem ersten Band bekannt, in den Bann des Buches gezogen. Dieses Mal allerdings aus drei Erzählperspektiven, die sich immer wieder abwechseln, was das Ganze noch abwechslungsreicher macht. Zahlreiche Nebencharaktere aus dem ersten Band tauchen wieder auf, wie zB “Bobo”, Simons Bekanntschaft aus der JVA Charlottenburg. Eine etwas wichtigere Rolle nimmt der – Lesern des ersten Bandes wird er bekannt sein – um eine gewisse “Coolheit” bemühte, darin aber nicht wirklich erfolgreiche Thorben ein. Seinen Charakter z.B. bringen die Autoren auch sprachlich sehr gut rüber, er wirkt unbeholfen und zwanghaft in seiner Lässigkeit. Was mir im Gegensatz zum ersten Band aufgefallen ist, ist dass diesmal die Gefühle von allen Beteiligten sehr gut eingefangen werden und man sich noch besser in sie rein versetzen kann. Auch die Motive von den Hauptcharakteren werden gut eingefangen.

Bevor ich vor lauter Schwärmerei noch einen Roman über den Roman verfasse, komme ich zu meinem persönlichen Fazit, welches, nach dem ersten Band kaum noch überraschend, sehr positiv ausfällt. Eine grandios inszenierte Geschichte, die ihren Platz in den dunkelsten Ecken von Berlin findet, wird fortgeführt und wird jeden Fan des ersten Bandes wieder in seinen Bann ziehen.

Abaton funktioniert nur als Trilogie, soviel kann man jetzt schon sagen. Teil zwei zu lesen, ohne Teil eins zu kennen, macht unserer Meinung nach keinen Sinn. Beide freuen wir uns auf Teil drei, zumal Teil zwei uns mit einem Cliffhanger, der es in sich hatte, zurückließ. Ein Cliffhanger im übrigen, der weiten Interpretationen Raum lässt und hier im Hause zu einigen Deutungsversuchen geführt hat. Ich fürchte ja einen Bobby-Ewing Effekt, Malte hingegen ist sich sicher in seiner bedrückenden Interpretation. Verraten werden wir hier allerdings nichts, es bilde sich jeder schön seine eigene Meinung.
Geeinigt haben wir uns auf folgendes Fazit: trotz Längen und Schwächen außergewöhnlich, spannend und klar empfehlenswert.

Diskussion dieser Rezension im Blog der Literaturzeitschrift 
Unsere Rezension des ersten Teils: Abaton -Vom Ende der Angst
Interaktive Homepage der Trilogie : Abaton-Trilogie   

 


Genre: Kinder- und Jugendbuch
Illustrated by Mixtvision München

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