Der Kreis ist geschlossen, das Gute hat gesiegt. Allerdings nur um Haaresbreite. Der finale Band der Abaton-Trilogie des Autorenduos Christian Jeltsch/Olaf Kraemer ist erschienen und zieht den Leser tief in den Bann der Freiheit. Nach dem spannungsgeladenen ersten beiden Teilen muss sich im dritten Teil der Jugendbuch-Trilogie nun das Rätsel um Abaton klären.
Rückblick: Edda, Simon und Linus sind drei ganz unterschiedliche Jugendliche. Sie lernen sich in einem Feriencamp kennen, entdecken seltsame Gemeinsamkeiten und bilden gemeinsam eine “kritische Masse”, die Erstaunliches bewirken kann. Vom im zweiten Weltkrieg kaltgestellen Wissenschaftler, der eine erstaunliche, die Welt zu ändern vermögende Entdeckung machte bis hin zu Fragen von brennender Aktualität – Stichwort Prism – spannt sich der Bogen der Abaton-Trilogie. Im Bann der Freiheit nun müssen die Autoren beweisen, dass sie die vielen gesponnenen Fäden wieder zusammen und die Welt in eine wie auch immer geartete Balance zurück führen können. Es gelingt ihnen, wenn auch teils unter Zuhilfenahme sehr “lostiger” Erzählstränge und Ideen. An manchen Stellen sieht man Damon Lindelof (Drehbuchautor der Serie Lost) förmlich freundlich winken.
Edda und Simon, die im Cliffhanger von Band zwei mit Kurs auf ein unbekanntes Ziel verschwanden, finden sich auf einer Plattform mitten im Meer wieder. Dort haben sich auf Hochtechnologie spezialisierte Rebellen versammelt, die den ultimativen Schlag gegen GENE-SYS und die Macht des Geldes planen. Edda, Simon und Linus sind mit ihrer Fähigkeiten der wichtigste Teil des Planes. Doch Linus bleibt verschwunden und so mißlingt der erste Versuch eines großen Showdowns. Die Rebellen werden bis auf wenige vernichtet, das Böse droht unaufhaltsam seinen Lauf zu nehmen. Die Chance, Linus und mit ihm Abaton noch zu retten, ist erschreckend gering.
Dieser erste Teil auf der Plattform ist spannend, rasant und teilweise atemberaubend. Danach jedoch droht die Geschichte zu kippen, nur mühsam fängt sie sich wieder. Alle Protagonisten tauchen noch einmal auf, alle Geschichten werden geklärt. Das Gute siegt. Allerdings nicht, ohne dafür einen hohen Preis zu bezahlen. Damit bleiben die Autoren ihrer bewusst ehrlichen Erzählweise treu. Wie immer verkneifen sie sie sich auch Anbiederung und Oberlehrer-Gehabe. Das Buch bewirkt sicher eine Sensibilisierung für die Gefahren des Internet, eine moralische Instanz hingegen will es dankenswerterweise nicht sein. Edda, Simon und Linus dürfen Fehler machen, die Autoren gestehen ihnen sogar Aggressivität zu. Dabei werten sie das Verhalten ihrer Protagonisten nie oder versuchen, diese in Schutz zu nehmen. In Band zwei war der Unterton sehr düster, auch Band drei nimmt diesen ernsten Ton auf, allerdings schimmert Hoffnung durch. Vielleicht auch, weil Band drei stärker noch als die beiden anderen in der Erlebniswelt jugendlicher Leser verankert ist.
Wie alle Teile ist auch der dritte wieder aufwändig gestaltet, hochwertige typographische Illustrationen ergänzen das Lesevergnügen. Anders aber als in den ersten beiden Teilen haben die Autoren das Stilmittel Drehbuch weitestgehend verlassen und begeben sich mehr in die traditionelle Romanform. Die offizielle Altersangabe lautet ” für Jugendliche ab 14, aber wie jedes gute Jugendbuch auch für Erwachsene”. Dazu bleibt zu sagen, dass der Ton der Erzählung gleich dem Älterwerden seiner Protagonisten erwachsener wird. So ist es sicher gut, wenn man mit der Trilogie im gleichen Alter wie Edda, Linus und Simon (14) anfängt und dann mit ihnen Jahr für Jahr erwachsener wird. So wie Malte, der Abaton von Anfang an begleitet hat. So auch diesmal, gute Tradition in der Literaturzeitschrift: Das Wort hat der Vertreter der Zielgruppe
Malte, 16 Jahre
Wie bereits erwähnt, habe ich die beiden vorangehenden Teile gelesen und rezensiert. Während der erste Teil mich beeindruckte, kränkelte der zweite Teil an zähen Passagen, besonders im ersten Teil des Buches.
Doch wie hat sich der dritte Teil geschlagen? Es fängt mit vielen Erzählsträngen an, die am Anfang noch etwas zusammenhangslos dastehen, sich mit der Zeit aber immer mehr verdichten und am Ende hat man eine Vereinigung dieser verschiedenen Handlungen zu einer. Die Art und Weise, wie die Autoren dies bewerkstelligt haben, hat mich sehr beeindruckt und an das Buch gefesselt, ebenso wie die grundsätzlich spannende Handlung, die aus dem Erscheinen neuer Figuren und dem Wiederauftauchen von alten Bekannten besteht.
Das Buch nimmt ein bißchen Abstand vom “Wir machen die Welt perfekt”, gibt diese Thematik jedoch nicht ganz auf und schafft es so, dieses in vorher schon zwei Büchern behandelte Thema aufzufrischen und in eine neue Art zu verwandeln. Dass das Buch ein bisschen “lostig” wirkt, kann ich nicht bestätigen, was vielleicht daran liegen mag, dass ich mir Lost noch nie angetan habe, aber andererseits daran, dass wenn man das Buch aufmerksam verfolgt und sich an die beiden vorhergehenden Bücher erinnert, die Thematik klar und kein Stück verworren wirkt. (Vielleicht lässt bei der erwachsenen Rezensentin da schon partielle Amnesie grüßen……..)
Genug gescherzt, ich möchte mich zum Abschluss mit einem ganz anderen Thema beschäftigen. Seit ich die erste Rezension verfasst habe, hat auch mich das Schicksal des Alterns ereilt und so möchte ich mich damit beschäftigen, ob das Buch auch noch für einen 16-jährigen lesenswert ist und ob die Autoren es geschafft haben, in Ausdrucksweise und Schreibstil mit ihrer Zielgruppe zu gehen. Edda, Linus und Simon werden in diesem dritten Teil durchaus als junge Erwachsene dargestellt, die zum einen wie Erwachsene handeln, in anderen Situationen aber wie der typische pubertierende Jugendliche wirken.
Die Ausdrucksweise der Charaktere ist zwar noch nicht perfekt, aber im Gegensatz zum ersten Teil, wo man sich als Jugendlicher teilweise dachte “So würde ich niemals reden”, schafft das Buch es, die Charaktere wirklich als Jugendliche von heute darzustellen, zumindest in der Ausdrucksweise. Jetzt aber genug des Applauses an die beiden Schreiberlinge, man muss halt auch leider sagen, dass man den dritten Teil nicht unbedingt einem 12-jährigen geben würde. Nicht aufgrund der Ausdrucksweise und sexuellen Handlungen, die Jugend ist ja aufgeklärt, aber das Buch ist in seiner Thematik eben auch sehr komplex und so eher für ältere Jugendliche zu empfehlen. Für ein Jugendbuch ist es keine leichte Kost und ich kann mir vorstellen, dass jüngere Leser Schwierigkeiten haben, allem zu folgen.
Mein persönliches Fazit: Die Abaton Reihe hat mich gefesselt, sie hat mich gefordert und sie war eine Abwechslung zu anderen Jugendbüchern, die teilweise so simpel waren, dass ich Jugendbüchern eigentlich schon den Rücken zugewandt hatte. Doch Abaton zeigt, dass man auch für Jugendliche ein spannendes, gut geschriebenes und anspruchsvolles Buch schreiben kann. Um nicht weiter auszuschweifen, zitiere ich mich einfach selbst
“Bevor ich vor lauter Schwärmerei noch einen Roman über den Roman verfasse, komme ich zu meinem persönlichen Fazit, welches,[…],kaum noch überraschend, sehr positiv ausfällt. Eine grandios inszenierte Geschichte”
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Unser Beider Fazit: Die Abaton-Trilogie ist ein außergewöhnliches Buchprojekt, nicht nur für Jugendliche spannend, dazu professionell virtuell begleitet. Wir waren über alle drei Bände hinweg prima unterhalten und von der Handlung gefesselt. Und das ist doch immer noch das Beste, was man über ein Buch sagen kann, oder?
(Nach der Lektüre dieses kryptischen Gesamtkunstwerkes sei mir als Bloggerin, der man gerne das Etikett “Queen of Kryptik” anheftet, eine persönliche, kryptische Mitteilung an die Autoren gestattet: Das Easter Egg im Epilog, Absatz 7: Ganz grosses Kino! Sehr gelungen. Chapeau.Mein persönliches Highlight aus Band Drei. )
Diskussion dieser Rezension im Blog der Literaturzeitschrift
Rezension Teil eins: Abaton – Vom Ende der Angst
Rezension Teil zwei: Abaton – Die Verlockung des Bösen