Morbide Philosophie-Groteske
Es ist sein erster, dieser Roman, «Mein Lieblingstier heißt Winter». Schreibt sonst Theaterstücke, der Ferdinand Schmalz da, Dramatiker aus Österreich. Hat den Bachmannpreis gewonnen 2017, mit dem Kern seiner Geschichte, in Kleinschrift natürlich. Das bleibt ihm erspart, dem Leser heute, immerhin! Ist ein ziemlich schräger Roman draus geworden inzwischen, nominiert für den Frankfurter Buchpreis. Ob preisverdächtig, kann man schwer nur voraussagen, massentauglich wohl kaum, der Sprache wegen. Obwohl, nicht schwer zu lesen, gewöhnt man dran ziemlich schnell sich. Kann man ja gleich ausprobieren hier!
Ein Triceratops wird am Anfang da, im verlassenen Saurierpark, sauber geschrubbt. Soll wieder eröffnet werden, der Park. Die Firma Schimmelteufel hat den Auftrag, reinigt alles, Saurier und Tatorte. Der Schlicht wiederum, Verkaufsfahrer für Tiefkühlkost, bekommt ein makabres Angebot. Von dem Schauer, krebskranker Stammkunde, immer Rehragout 14tägig. Will sich in die Tiefkühltruhe legen, Suizid begehen drinnen. Er, Schlicht, soll die Leiche in den Wald verbringen dann, die Nachkommen zu schonen, absolut diskret, wird auch gut bezahlt dafür. Ist aber leer, die Truhe dann, nicht wie vereinbart, muss also die Leiche er suchen, der Schlicht. Und trifft dabei auf allerlei komische Leute. Auf den Ingenieur zuerst. Der hat sich, verbarrikadiert hat der sich regelrecht, Selbstschuss-Anlage, die Fenster zugemauert. Trifft auch auf die Tatortreinigerin Schimmelteufel. Und auf den Ministerialrat, hohes Tier, einflussreich, nur dass er Weihnachts-Schmuck sammelt, von den Nazis allerdings. Sehr merkwürdig das, ist doch erpressbar geworden dadurch. Und sie schließt sich an, dem Schlicht, bei der Suche, Schauers Tochter, die Astrid, muss doch Gewissheit haben.
Allesamt eine eng ineinander verstrickte Gesellschaft das, sumpfig, in Schmutz und Blut sich suhlend. Ein kleines Ensemble morbider Figuren, Sinnbild für ein vor sich hingammelndes Österreich, die Todessehnsucht zuhause dort. Also Nestbeschmutzung, literarisch ja typisch dorten, häufig zumindest. Es ist das alles, diese Geschichte vom Tod, ziemlicher Nonsens, aber lustig. Alle stecken unter einer Decke, wie er bald merkt, der mit dem treffenden Namen, der Schlicht, der Eismann also. Und halten zusammen da in ihrem Selbstmordclub, selbstbestimmtes Sterben als Zweck. Macht dann aber doch nicht jeder mit, hält sich einfach nicht dran, kommen nämlich schon mal Frauen dazwischen. Wie die Astrid, als Sadomaso-Gespielin von dem Ministerialrat, mit dem Codewort «Rehragout» für den Not-Ausstieg. Hat sich’s halt anders überlegt deshalb, der Suizid-Kandidat, macht ja doch richtig Spaß, so was. Trifft die Putzteufel auch, der Schlicht, dieses skrupellose Weib, Erpressung war bei der im Spiel sogar. Und der Tiefkühl-Fahrer dann landet im Sarg, zuletzt, lebendig begraben. Nicht ein Nervenkitzel nur, sondern eine verhängnisvolle Verwechslung, beinahe tot schon. Und der Anatom kommt auch noch ins Spiel jetzt, da im Seziersaal drinnen, mit dem scheintoten Schlicht obendrauf auf dem metallenen Arbeitstisch.
Trotz aller Theatralik darin, bei dem Autor kaum verwunderlich, ist dieser aberwitzige Plot vom Leben und Sterben, ist er tatsächlich doch ziemlich dialogarm geraten. Stilistisch wird eine eigentümliche Kunstsprache benutzt dabei, die zunächst abschreckend wirkt auf nichtsahnende Leser dann. Hat man ja so nicht so oft. Erzählt wird äußerst metaphernreich, allerdings auch recht eintönig mit der Zeit, ermüdend, ohne sprachliche Variationen darin. Eine dem Dialekt nahe Kunstsprache ist das, eine verquere Syntax nutzend, invertierte Satzstellungen vor allem. Häufige Wort-Wiederholungen und dem Subjekt vorangestellte Pronomen benutzt der Schmalz hier. Einem dem Mündlichen nahe kommenden Rhythmus folgend, verwendet er seine ureigene Diktion. Und die wirkt doch arg holzschnitt-artig, mit einer morbiden Komik obendrein, als Philosophie-Groteske unterhaltsam, mehr aber nicht.
Fazit: lesenswert
Meine Website: http://ortaia.de