Dunbridge Academy 3: Anytime

Dunbridge Academy - Anytime - Sarah Sprinz - PB

Unfall, Selbstverletzung, ungesunde Familienstrukturen

Olive Hendersons Leben ist nach dem Brand in ihrer Wohneinheit der Dunbridge Academy nicht mehr so, wie es einmal war: Nach langer Zeit im Krankenhaus und in der Reha darf sie nicht mehr für ihr Team schwimmen. Denn die schweren Verbrennungen verheilen nur langsam. Außerdem soll sie jetzt die elfte Klasse wiederholen. Olive will das nicht auf sich sitzen lassen und versucht, den Stoff der Zwölften neben dem der elften zu lernen, um nach ihrem 18. Geburtstag wieder bei ihren Freund*innen zu sein, die jetzt im Abschlussjahrgang sind. Aber das will nicht so klappen, wie sie es sich vorstellt. Außerdem hütet sie noch ein bedrückendes Geheimnis, das – wenn es herauskommt – ihre Familie gänzlich zerstören könnte.

Zu all den Schwierigkeiten gesellt sich noch ein neuer Schüler, der Olive das Leben schwermacht: Colin Fantino, der Sohn einer bekannten amerikanischen Moderatorin. Er ärgert Olive, wo er nur kann, und macht auch ansonsten eine Menge Schwierigkeiten. Denn Colin verfolgt nur ein Ziel – er will wieder zurück in die USA, zurück zu seinen Freunden und erst recht zu seiner Schwester, die wie er unter den ungesunden Familienstrukturen zuhause leidet. Er selbst versucht durch Selbstverletzung diesem ständigen äußeren und inneren Druck zu entkommen. Dass das nicht lange gutgehen kann, ist absehbar.

Too much

Der dritte und Abschlussband der Reihe ist wie die beiden vorigen zwar als romantischer Roman angelegt, schwebt dabei aber nicht in einer rosaroten Blase, sondern bringt durchaus detailreich die Schwierigkeiten auf den Plan, die das Leben bereithalten kann. Er bringt damit mehr Authentizität und Plausibilität in die Geschichte. Das ist einerseits gut, denn reine Love-Stories sind seicht, durchschaubar und damit langweilig. Allerdings habe ich nach dem Lesen der Reihe und ähnlicher Romane in der letzten Zeit das Gefühl, dass damit zum einen übertrieben wird und zum zweiten das – ich nenne es jetzt einfach beim Namen, weil ich es mittlerweile so empfinde – Auswalzen der Probleme (zumal sie schwerwiegend und arg mannigfaltig für je nur eine einzige Figur sind) anscheinend gerade in Mode ist. Das ist auf Dauer too much. Da hilft auch irgendwann die Triggerwarnung nicht mehr, denn eigentlich dürfte man diese Romane aufgrund der zahlreichen Problemfelder gar nicht mehr lesen, weil man ständig getriggert werden kann. Ob das alles Sinn der Sache ist? Ich hoffe nicht.

Das zweite, was mir bei dieser Art der neuen Jung-Adult-Romane auffällt, sind die nur graduell unterschiedlichen Figuren. Gerade, wenn in der Ich-Form erzählt wird, ähneln sich die Mädchen- und Jungenfiguren doch sehr (z.T. bis in den Wortlaut hinein), sodass man sie irgendwann durcheinanderwirft. Das wird besser in der Er/Sie-Erzählung gehandhabt; so kann man die Unterschiede wohl leichter herausarbeiten.

Ansonsten legt die Autorin aber merkbar Wert auf einen stimmigen Spannungsaufbau und die Plausibilität ihrer Figuren und Situationen. Außerdem zeigt sie anhand ihrer Figuren auf, dass Probleme zwar immer vorhanden sein können, es aber Wege gibt (auch wenn diese oft genug krumm und bucklig verlaufen), sie in Angriff zu nehmen und damit letztlich umzugehen. Das kann Leser*innen in ähnlichen Situationen Mut machen und Lösungsstrategien aufzeigen. Und es zeigt, dass man nicht perfekt sein muss, um eine Liebesbeziehung zu verdienen und selbst unter widrigen Umständen zu führen. Der Roman zeigt aber auch, dass man sich für Beziehungen weiterentwickeln und aus Fehlern lernen (sich also ständig selbst reflektieren) muss – ein Status Quo der weiblichen und männlichen Figuren würde jegliche menschliche Beziehung früher oder später schrotten, nicht nur Liebesbeziehungen.


Genre: Jung Adult, Romantik, schwierige Lebenssituationen
Illustrated by LYX

West Well Heavy & Light

Westwell - Heavy & LightHigh Society

Helena Weston stammt aus reichem Elternhaus, aber sie hat ihren eigenen Kopf. So passt es ihr gar nicht, dass sie nach dem Tod ihrer Schwester 3 Jahre ins Ausland auf ein Internat gehen muss, bis sich die Aufregung um Valerie gelegt hat. Danach ist sie allerdings fest entschlossen, die Umstände des Todes von Valerie und ihrem Freund Adam aufzuklären, denn sie glaubt die Drogengeschichte, die man Valerie anhängen will, nicht. Die Familie Adams, die mit dem Westons schon lange in Konkurrenz steht, hat dieses Gerücht verbreitet, was die Feindschaft der beiden Familien weiter vertieft hat. Auch Helena hegt Hassgefühle gegenüber den Coldwells, v.a. gegenüber Adams Mutter, die maßgeblich für die üblen Gerüchte ist. Allerdings hat sie nicht damit gerechnet, dass der zweite Coldwell-Spross, Jessiah, ebenfalls mit dem Tod seines Bruders zu kämpfen hat und sich als guter Mensch herausstellt. Die beiden kommen sich näher als den Westons und Coldwells lieb sein kann. Hat diese Liebe genauso wenig Chancen wie die zwischen Valerie und Adam?

 

Cross Over von „Romeo und Julia“ und Krimi

Der 1. Band der Reihe erinnert an eine moderne Version von Shakespeares „Romeo und Julia“. Die Feindschaft zwischen zwei konkurrierenden Familien und verbotene Romanzen zwischen den Familienmitgliedern gibt es auch in Kiefers Geschichte. Wie in Romeo und Julia sterben Protagonisten, aber die Hauptprotagonisten von Kiefers Buch wollen ein Happy End. Zumindest im ersten Band stehen diesem aber einige Hürden im Weg, die für Spannung in der Geschichte sorgen. Da es allerdings schon so viele Nachahmungen dieses Settings gibt, reißt es mich nicht unbedingt vom Hocker, zumal es viele weitere Geschichten um Reiche und Schöne gibt. Gut, wenn auch nicht unbedingt neu ist allerdings der Ausbruch der Protagonist*innen aus den starren Rollen dieser Gesellschaft, wobei ich mir allerdings nicht sicher bin, ob die Autorin da nicht ein paar Klischees bzgl. der Reichen bedient, um ihre Hauptfiguren von ihren Familien noch besser abzuheben.

Kombiniert wird die sich anbahnende Romanze mit einer Art Krimi, da Helena fast wie eine Detektivin den mysteriösen Tod ihrer Schwester aufklären will, dabei aber wiederrum auf Hindernisse stößt, die dem Erhalt der Spannung dienen.

Erzählt wird aus der Sicht der jungen Frau und des jungen Mannes, sodass man als Leser*in Einblicke in beide Gedankenwelten erhält.

Das Buch enthält am Ende eine Triggerwarnung vor Panikattacken/Angststörungen und vor dem Tod Nahestehender, was ich persönlich gut finde – so wird niemand, die/der Probleme mit damit hat, verstört und kann das Buch wieder weglegen, wenn nötig. Gut ist ebenfalls, dass verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie man mit Tod und Störungen umgeht, auch negative, die kontraproduktiv für den Heilungsprozess sind. Positive sind in diesem Fall die Auseinandersetzung mit der Trauer und der Störung, anstatt sie zu verdrängen, und das Verständnis und der Beistand anderer, wie an Helena und Jessiah gezeigt wird. Jessiah z.B. nimmt die Angststörung seines Bruders ernst und geht im Gegensatz zu seiner Familie auf sie ein. Er unterstützt seinen Bruder, anstatt ihn unter Druck zu setzen. Helena und Jessiah unterstützen sich gegenseitig in ihrem Trauerprozess, nachdem sie einigermaßen Vertrauen zueinander gefasst haben. Das verleiht dem Buch etwas mehr Tiefe, sodass es nicht nur eine Neuaufmachung von schon Altbekanntem ist.

Was mich persönlich an Büchern dieser Art stört, ist die Verlegung der Story ins englischsprachige Ausland. Warum nicht z.B. Deutschland, wenn schon die Autorinnen deutschsprachig sind? So wirkt das Setting immer etwas aufgesetzt und nicht so natürlich wie es hätte sein können.

 

Fazit

Insgesamt eine moderne Neuauflage von Shakespeares Romeo und Julia, kombiniert mit Kimi-Elementen, die flüssig zu lesen ist, aber einen nicht unbedingt vom Hocker reißt, wenn man dieses Setting schon kennt.


Genre: Jung Adult, Romance
Illustrated by LYX

Lonely Heart

Lonely HeartBeziehung unter schwierigen Bedingungen

Rosie hat gegen den Willen ihres Vaters eine eigene Webradio-Show aufgebaut, die mittlerweile beim jungen Publikum sehr gut ankommt. Mit ihrer einfühlsamen Art kann sie sogar Stars für ein Interview gewinnen, so auch die Band „Scarlet Luck“. Rosie verbindet mit der Band schon seit Jahren gute Gefühle und hilfreiche Momente, da ihre Musik sie in schwierigen Situationen getröstet hat. Außerdem ist sie Fan von Adam, dem Schlagzeuger der Band. Dementsprechend aufgeregt ist sie, als die Band einwilligt, in ihr Studio zu kommen. Aber dann geht aufgrund eines Fehlers ihrer Assistentin alles schief: Die Band verlässt verärgert frühzeitig die Show und danach prasselt ein nie gekannter Hassstrom auf Rosie ein. Das ist sogar „Scarlet Luck“ zuviel, sodass sie mit Rosie ein Zeichen gegen Hass im Internet setzen wollen. Rosie besucht also ihr Konzert, und die Band macht mit ihr ein Solidaritäts-Foto. Dabei kommen sich Rosie und Adam, der aufgrund eines Traumas keine Berührungen erträgt, ein wenig näher. Adam, ein gebrochener Mann, versucht seine Ängste in exzessiven Konzerten und mindestens ebenso extensivem Alkoholmissbrauch zu ertränken. Aber durch die einfühlsame Rosie gewinnt er allmählich wieder ein wenig Kontrolle über sich. Rosie selbst verliebt sich in Adam und versucht für ihn dazusein. Aber das Leben macht der zart erblühenden Liebe immer wieder einen Strich durch die Rechnung.

Sucht- und andere Probleme

Das Buch enthält zu Recht eine Warnung vor triggernden Inhalten. In diesem Fall sind das Substanzmissbrauch, Depressionen, Panikattacken und die Andeutung von sexueller Gewalt. Deshalb ist für mich nicht nachvollziehbar, warum ein Verlag immer noch auf solch nichtssagende und seichte (kundenfangende) Titel setzt wie „Lonely Heart“, weil das den Inhalt unnötig bagatellisiert und der Qualität des Buches nicht gerecht wird. Solche Titel sind für seichte Bücher in Ordnung, aber seicht ist dieses Buch nicht, da es z.T. bis ins Detail das Leben mit Süchten, Depressionen und Panikattacken beschreibt. Das Buch folgt einem in meinen Augen guten Trend, der anscheinend gerade im Schwange ist: die als trivial angesehene Frauenliteratur aus der Nische der Trivialität herauszuholen, indem es u.a. Romantik und Livestyle mit ernsten Problemen koppelt – so wirkt das Erzählte lebensnäher und weit weniger seicht und trivial als in so manch anderem Buch, das tatsächlich nur eine oberflächliche Love-Story erzählt. Bzgl. sexueller Gewalt ist diesmal auch keine Frau betroffen (die sonst die undankbare Opferrolle innehat), sondern ein Mann.

Was tatsächlich laut Erfahrungsberichten und Fachliteratur zu seicht geraten ist, ist die Vorstellung, dass Liebe einen aus der Sucht befreit. Hier greift in der Realität eher die Rolle der Co-Abhängigkeit der Angehörigen und (Ehe-)Partner*innen. Liebe kann nur dann etwas bewirken, wenn der alkoholabhängige Mensch aus freiem Willen der Abhängigkeit entkommen möchte. Meist ist das, wenn überhaupt, aber nur der Fall, wenn er an einem Tiefpunkt seines Lebens angekommen ist und alle anderen ihn verlassen haben. Weil das Buch triggern könnte, aber auch für Leser*innen, die von den triggernden Inhalten unbelastet sind, sind manche Passagen trotzdem gefühlsmäßig schwer zu ertragen. Im Prinzip wird ein ständiges Wechselbad der Gefühle entfacht. Das zeigt aber auch, dass die Autorin es versteht, die Leser*innen an das Buch zu binden. Zudem zeigt die Autorin an der Entwicklung der Hauptpersonen, wie man sich aus schwierigen Situationen wieder herauskämpft, was durchaus Vorbildcharakter hat. Und dass im Showbusiness nicht alles Gold ist, was glänzt. Außerdem werden Gefahren wie Hetze und Mobbing im Netz angesprochen und gezeigt, welche Folgen das für die Betroffenen haben kann. Die Autorin ist also ziemlich nahe an der Welt ihrer jungen Leser*innen dran. Dabei schreibt sie spannend und sensibel, sodass man sich als Leser*in gut in die Personen und Situationen einfühlen kann.

Das Buch leitet eine Reihe ein.

Fazit

Insgesamt also empfohlen und definitiv keine Trivialliteratur, auch wenn sie durch den unpassenden Titel auf den ersten Blick als solche daherkommen mag.


Genre: Jung Adult, Romantik, Sucht
Illustrated by LYX