Grenzlandfrau

Eupen, Malmedy, St Vith liegen bei Aachen, wurden 1815 Preußen zugeschlagen, nach dem Ersten Weltkrieg belgisch, 1940 wieder deutsch, 1945 wieder belgisch. In diesem Gebiet wächst die junge Jacki auf, doch offiziell heißt sie mal Jakobine, mal Jaqueline, je nach politischen Umständen. Hochdeutsch oder Hochfranzösisch können die wenigsten, man spricht Platt, ist streng katholisch, harte Arbeit lernt sie von klein auf. Der Vater kommt aus dem ersten Weltkrieg heim, votiert für »belgisch« und hat von Krieg die Schnauze voll. So ahnt er, dass Hitler bald einen neuen Krieg beginnen wird. Andere freuen sich, dass die Wirtschaft floriert.

Bevor sich des Vaters Befürchtungen bewahrheiten, stirbt er. Die Nazis marschieren ein, unterscheiden nach “Neubelgiern” und ziehen die zur Wehrmacht ein, darunter auch Jackis Mann Jul.

Jacki fügt sich allem, wie sie es zu Hause gelernt hat. Kinder stellen keine Fragen, Kinder gehorchen und arbeiten. Das alles tut auch Jacki. Ihr Mann fällt, ihr Dorf wird wieder belgisch, ihr Haus liegt genau auf der Grenze, die Vordertür geht nach Deutschland raus, die Hintertür nach Belgien. Sie arbeitet in der Fabrik in Aachen und bald beginnt sie, wie viele im Grenzgebiet, mit Schmuggel, der ihr wenigstens ein bisschen Leben sichert. Sie bekommt ein uneheliches Kind, Grund für »scham disch«, sich zu schämen.

Und irgendwann, beschließt sie, ihr eigenes Leben zu führen …

Maryanne Becker stammt aus der Gegend und lässt uns das Leben Ihrer Heldin erleben. Ich habe das Buch in einem Tag zu Ende gelesen. Es gibt nicht nur Einblicke in das Leben in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, sondern auch in dieses ganz eigene Gebiet. Und erinnert uns daran, wie es war, als man noch ein Visum brauchte, um in den Nachbarort von Aachen zu fahren und Schmuggel ganze Familien ernährte.

Hans Peter Roentgen


Genre: Historischer Roman
Illustrated by Grenz-Echo-Verlag

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