Kindheitserinnerungen, Traumata, Berührendes, Schreckliches packt der heuer 8o gewordene Peter Paul Wiplinger in sein jüngstes Werk.
„Auf den Spuren der Erinnerung zurückgehen, zu den Menschen, zu sich selbst“, lautet das Motto der Erzählsammlung Wiplingers. Und das vollzieht er eindrücklich. Begegnungen mit Nazis, mit Russenobersten, dem ersten „Neger“, den er sah – viele Kriegserinnerungen blitzen auf. Zeigen auch Deutlich-Menschliches. Die Feigheit eines Nazischergen, dessen Großartigkeitsgetue und die schmierige Falschheit nach der „Niederlage“, die Sinnlosigkeit des Kriegs. Familiäre Bande. Die Geborgenheit, die bei aller Strenge dennoch besteht. Die Standpunkte verortet. Auch wenn sie sich nicht mit den Elterlichen decken. Die rigide Katholizität der Eltern ist anstrengend, die Brüder werden auf den Priesterberuf „vorbereitet“, übernehmen diese Aufgabe gar freiwillig im Spiel: später will keiner von ihnen Priester werden, aber moralische Werte bleiben. Wiplinger schildert die Schwierigkeiten der Bürgermeisterfamilie in einem konservativen Ort, als die Nazis die Macht übernehmen. Dann den Respekt der russischen Besatzer, die man allerdings auch nicht verärgern durfte. Die Schilderung der Köchin, die der Autor schon in andern Büchern liebevoll zeigte, berührt immer noch. Und die Wut auf das Kindermädchen, das sadistisch und vorsätzlich böse die Anvertrauten quälte. Vieles von Wiplingers Geradlinigkeit, von seinen Prägungen wird nachvollziehbar. Als Einblick in seine Biographie wieder ein wichtiges Buch. Aber auch als Zeitdokument, das helfen sollte, Zustände wie in jener schrecklichen Ära nie wieder heraufdämmern sehen zu müssen.
Manfred Stangl
P.P Wiplinger: „Erinnerungsbilder“, Löcker, edition pen; 2019; 174 Seiten, Paperback; ISBN: 978-3-85409-985-7