Erfüllendes Mutterglück oder kinderlose Freiheit – Mein Weg zur Entscheidung

Soviel vorneweg – auch wenn im Titel von „Mutterglück“ die Rede ist, so ist das Buch der deutschen Autorin Ellen Kuhn nicht nur an Frauen adressiert, sondern unbedingt auch etwas für Männer. Denn wie oft schlittern wir Männer in eine Familien- respektive Vater-Situation hinein, nur weil es Konvention und Tradition so vorgeben und/oder weil es für uns mal wieder einfach bequemer so ist. Dazu gehört sicher auch, dass viele Männer gerade die Kinderentscheidung nicht wirklich überdenken und sich der Tragweite für ihr eigenes Leben nicht bewusst sind. Das Scheitern ist statistisch fast schon vorprogrammiert. Selbst moderne Männer gründen heutzutage bei Misslingen des Ehe- und Kinderprojekts keine „I regret“-Gruppen, sondern wählen auch da den ganz traditionellen Weg, also Flucht, Trennung, Geliebte. Nur erfährt dieses männliche Verhalten im Gegensatz zu den Müttern bis heute keine auch nur ansatzweise ähnlich ausgeprägte Ächtung in unserer Gesellschaft.

Also tut so viel Information wie möglich im Vorfeld Not, nein, sollte sogar unabdingbare Pflicht sein. Für Frauen und (!!) Männer.

Und man kann sagen, genau das bietet dieses Buch. Es beinhaltet alle Aspekte und Inhalte rund um die Kinderenscheidung, die sich Mann und Frau unbedingt durch den Kopf gehen lassen sollten. Kuhn hat sich in ihrem neuen Buch eine Herkulesaufgabe aufgebürdet, indem sie sich eines maximal emotionalisierten Themas angenommen hat, bei dem Vorurteilsfreiheit und Objektivität in der Gesellschaft schier unmöglich erscheinen.

Die 480 Seiten sind genauso gut strukturiert wie die Gliederung es bereits im Inhaltsverzeichnis vermuten lässt. Dabei haben die Themen und die kreativen Überschriften einerseits einen augenzwinkernden Charme („Leben als Mutter – eine Stellenbeschreibung“, „Das Kind aus dem Eis“, „I do it my way“), anderseits packt Ellen Kuhn aber auch jede Menge heisser Eisen ziemlich schonungslos an (Kinder als Erfüllungsgehilfen für die Lebenssinnfrage, Gewalt an Kindern, Umgang mit Kinderlosigkeit, Super-Mütter und -Väter, Veränderung von Freundschaft und Partnerschaft durch Elternschaft, das Kind in der Umweltdiskussion und vieles mehr). Überall spürt man, dass das Buch ein Anliegen, sogar fast schon ein Plädoyer der Autorin für die Überwindung der konventionellen Mutternorm ist, vor allem aber ein Plädoyer für die geborenen und ungeborenen Kinder dieser Welt, da die Unwissenheit und fehlende Reflexion vieler Eltern bei allen überbordenden Glücksgefühlen auf der einen Seite leider auf der anderen Seite auch oft verheerende Folgen für Mutter, Vater und vor allem Kind(er) haben können.

Besonders beeindruckend kommen die vielen persönlichen Erfahrungen der Autorin rüber, die sich durch das ganze Buch ziehen und insbesondere auch die Interviews mit Frauen im Entscheidungsprozess und mit Menschen, die ihre Entscheidung in der einen oder anderen Richtung bereits hinter sich haben.

Das Buch bietet enorm viele Fakten und Sachwissen, aber auch psychologische Tiefe und Emotionalität. Obwohl der Subtitel „Mein Weg zur Entscheidung“ auf die ganz eigene und persönliche Darstellung hinweisen könnte, ist der Autorin rund um die eigene Geschichte die objektive Darstellung des Entscheidungsprozesses mit allen wichtigen Facetten absolut gelungen. Und letztendlich ist es nach der letzten Seite im Buch wie mit allen Entscheidungen im Leben – man muss sie mit bestem Wissen und Gewissen für sich selbst fällen. Und Wissen ist immer gleichbedeutend mit möglichst guter und breit gefächerter Information.


Genre: Politik und Gesellschaft, Sachbuch
Illustrated by tredition

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