Sechs lange Jahre, nachdem der Hundertjährige aus dem Fenster stieg und auf wundersamen Wegen und nach absurden Abenteuern ein hübsches Barvermögen sammelte, kehrt Allan Karlsson wieder in die Bücherwelt zurück. In dieser Warteschleife alterte der Hauptheld zum Glück nur ein Jährchen, denn die Story beginnt an seinem 101. Geburtstag, den er auf Bali verbringt.
Allan Karlsson, der Hundertjährige, der aus dem Fenster eines Altenheims stieg und verschwand, lebt von den Millionen, die ihm das Schicksal in die Hände spielte, seit einem Jahr in einem Luxusressort auf Bali. Sein Freund Julius Jonsson begleitet ihn. Doch die Herren langweilen sich auf der Vulkaninsel im Ozean, und auch das Geld geht dummerweise zur Neige. Der Geldkoffer, den der Zufall in Allans Hände spielte, ist inzwischen vollständig geplündert. Der Hundertjährige ist pleite. Zum Überfluss will der Hotelier, bei dem die beiden Schweden residieren, unbedingt frisches Geld sehen. – Was tun?
Die Feier seines 101. Geburtstages steht an. Der zehn Jahre jüngere Entertainer Harry Belafonte wird eingeflogen, um Karlsson ein Ständchen zu singen. Doch viel spannender als seinen Gesang findet der Jubilar ein schwarzes Tablett mit einem angeknabberten Apfel, das Belafonte dem Älteren stolz vorführt. Allan besorgt sich ein solches Wunderding und erfährt damit erfreuliche und weniger erfreuliche Nachrichten aus aller Herren Länder. Sein Unternehmungsgeist wird neu entfacht, und er beginnt, über den Zustand der Welt nachzudenken, die ihm insgesamt recht merkwürdig vorkommt.
Zum Höhepunkt der Geburtstagsfeier wollen sich der spendable Jubilar und sein Freund Bali aus luftiger Höhe ansehen. Ausgerüstet mit Torte und reichlich Champagner besteigen sie einen Fesselballon, an dessen Steuerung der Alte neugierig herumspielt. Allan öffnet ein Ventil, bricht versehentlich dabei den Absperrhahn ab und schon steigt der Ballon in luftige Höhen, während der Ballonführer und sein Assistent am Boden verzweifelt die Hände ringen. Vor allem der Hoteldirektor ist fassungslos: Seine bislang besten Kunden entfleuchen, ohne die offenen Rechnungen zu zahlen.
Allan und Julius werden von kräftigem Rückenwind über den Indischen Ozean getrieben und sprechen auf dem Flug über die spiegelnden Wasserflächen beschwingt dem Schampus zu. Die erste Flasche ist gerade geleert, da hustet der Gasbehälter, die Flamme erstirbt, der Korb sinkt auf die Wasseroberfläche. Die Fahrt ist zu Ende. Sie köpfen eine weitere Flasche und hoffen, dass ihr Flechtkorb noch ein paar Stunden dem langsam einsickernden Wasser standhalten möge.
Der Hundertjährige ist unsterblich
Der Korb hält, denn der Hundertjährige ist unsterblich. Das nordkoreanische Containerschiff »Ehre und Stärke« fischt die in Seenot befindlichen Herrschaften auf und nimmt sie an Bord. Das Schiff hat allerdings einen streng geheimen Auftrag, bei dem Fremde stören: Fünf Kilogramm Uran sollen testweise aus Afrika in die koreanische Volksrepublik geschmuggelt werden, um in einer Zentrifuge zu Plutonium verarbeitet zu werden. Der Große Führer Kim Jong-un will damit seine Atombomben bestücken. Erweist sich der Seeweg als praktikabel, sollen später große Mengen des spaltbaren Materials befördert werden.
Wer den ersten Band des »Hundertjährigen« gelesen hat, der weiß, dass Allan Karlsson im Laufe seines langen Lebens mit vielen wichtigen Persönlichkeiten der Zeitgeschichte zusammentraf und dabei mehr oder weniger großes Chaos angerichtet hatte. Als der Kapitän der »Ehre und Stärke« erfährt, das sein Passagier mit Stalin, Mao Tse-tung und dem Ewigen Präsidenten Nordkoreas, Kim Il-sung, an einem Tisch gesessen hat und der Begleiter des Herrn Karlsson ihm auch noch versichert, dass es sich bei dem Uralten um den weltweit führenden Kernwaffenspezialisten handelt, wird er blass.
Allan, der allerlei über die nordkoreanischen Versuche, Kernwaffen herstellen zu wollen, auf seinem schwarzen Tablett gelesen hat, bestätigt kurzerhand, dass Korea mit seiner Hilfe halb Japan in die Luft jagen könne, wenn man ihn nur lasse. So kommt es, dass die beiden verdächtigen Subjekte statt als Fischfutter über Bord zu gehen auf direktem Weg nach Pjöngjang zum Großen Führer eskortiert werden.
In der nordkoreanischen Metropole beginnt die eigentliche Odyssee des Hundertjährigen, der nur weiß, was sein schwarzes Tablett verrät, sich aber damit auf wundervolle Art und Weise durchs Leben mogeln kann. Und bluffen kann Allan Karlsson besser als jeder andere, sonst wäre er bei seinem bewegten Leben kaum 101 Jahre alt geworden. So trifft und beeindruckt er in dieser Geschichte neben dem Großen Führer die schwedische Außenministerin Margot Wallström, US-Präsident Trump, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Diplomaten, Geheimdiensttypen und allerlei andere Hohlschwätzer.
Das Geheimnis des Hundertjährigen
Hier gründet das eigentliche Geheimnis dieses amüsanten Romans: Autor Jonas Jonasson bettet seinen Hundertjährigen in die aktuelle politische Weltlage ein und packt mit dem Machthunger auf Kernwaffen gleich ein glühend heißes Eisen an. Dass Jonasson dabei Angela Merkel zu einer Heldin der Wirklichkeit und Bollwerk der Zuverlässigkeit stilisiert, mag dem Bestsellerautor verziehen werden.
»Der Hundertjährige, der zurückkam, um die Welt zu retten« ist ein wundervoll leicht geschriebener Roman über Geschehnisse der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit. Staatsoberhäupter und ihre teilweise unverständliche Politik werden mit Wärme und Humor durch den Kakao gezogen. Dabei ist dem Autor klar, dass er damit die Welt und »das wahrscheinlich erbärmlichste Jahrhundert aller Zeiten« nicht um ein Jota verbessert, obwohl vom ersten Band 4,4 Millionen Exemplare allein in Deutschland abgesetzt werden konnten.
Für einen Autor, der bereits grandiosen Erfolg hatte, ist es Risiko und Herausforderung zugleich, eine Fortsetzung zu schreiben. Leser und Kritiker legen eine hohe Messlatte an, die Jonasson jedoch scheinbar spielerisch meistert. »Der Hundertjährige, der dachte, er denke zu viel«, so die wörtliche Übersetzung des Originaltitels, wird wieder ein großes Publikum finden, das intelligente Unterhaltung zu schätzen weiß.
Jetzt können Leser den Hundertjährigen erst einmal um den Globus begleiten und über den federleichten und gleichzeitig tiefgründigen Humor schmunzeln, mit dem Jonasson seine schräge Geschichte um den skurrilen Alten gesponnen hat. Und es dauert diesmal bestimmt keine sieben Jahre, bis wir zum dritten Mal von Allan Karlsson hören werden.
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