Die Autorin pflegt seit 16 Jahren ihren schwerkranken Mann, der an der heimtückischen Erbkrankheit Morbus Huntington leidet. Diese unheilbare Krankheit begleitet die Familie bereits ein halbes Jahrhundert und verlangt von den Angehörigen eine permanente Trauerarbeit am lebenden Menschen. Schmids Buch, das weitaus mehr ist als ein persönlicher Erfahrungsbericht, richtet sich an all diejenigen, die sich mit dem Recht auf Selbstbestimmung beschäftigen.
Obwohl der Tod untrennbar wie der Tag und die Nacht zum Leben gehört, wird das Thema Sterben in unserer Gesellschaft ausgeblendet und ignoriert. Diesem brisanten Thema kann man sich, so die Autorin, nur vorsichtig empathisch nähern, wobei sie betont, dass es sich bei ihrer Beschäftigung mit der Sterbehilfe um unumkehrbar todkranke und freiwillig Sterbewillige.
Nach Meinungsumfragen sprechen sich 76 % der Deutschen gegen jedwede Strafandrohung bei der Sterbehilfe aus, und sogar 79 % wünschen sich, dass der Arzt Ihres Vertrauens Ihnen bei ihrem letzten Gang behilflich ist. Doch der Wille der Bevölkerung wird von der Regierung missachtet. Ganz anders in der Schweiz, wo in einer Volksabstimmung in Kanton Zürich 85 % aller Stimmberechtigten es ablehnten, die gängige Freitod-Hilfe zur Angelegenheit für Gerichte zu machen. Dabei belegen die Schweizer Tatsachen, dass die dort praktizierte, freiheitliche Lösung zum Thema Sterberecht die geringsten europäischen Zahlen bei diesen Sterbefällen aufweisen. Auch in Holland gibt es Inzwischen die Möglichkeit, dass Ärzte schwerkranken Menschen beim Übergang in den Tod helfen.
Selbst eine noch so ausgefeilte Patientenverfügung hilft dem Pflegebedürftigen im Ernstfall nicht. Kein Arzt darf helfen, der Patient wird mit seiner Not buchstäblich im Stich gelassen und einem qualvollen Ende überantwortet. Im Gegenteil: Hilfsbereite Mediziner werden mit Strafen und Berufsverbot bedroht. Selbst das Abschalten von Maschinen und das Absetzen von Medikamenten wird als passive Sterbehilfe interpretiert und abgestraft.
Um dem Menschen die Freiheit zu geben, selbst über sein Leben entscheiden zu können, bleiben neben dem Weg über die Schweiz oder andere fortschrittlich eingestellte Länder nur das Sterbefasten, mit dem sich die Autorin ausführlich befasst. Aus ihrer Erfahrung ist das Bewusstsein um eine mögliche Sterbehilfe eine konkrete Überlebenshilfe für Schwerkranke, weil es ihnen Angst vor einem bitteren Ende nimmt.
Im Ergebnis ist dieses Buch eine komplexe Auseinandersetzung mit dem Pro und Contra der aktiven und passiven Sterbehilfe. Die deutsche Gesetzgebung erscheint danach im internationalen Vergleich als menschenverachtend und unbarmherzig und belastet die Angehörigen bis hin zur Möglichkeit, diese als „erbunwürdig“ erklären zu lassen, wenn sie ihren Anverwandten einen letzten Liebesdienst erweisen.
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@ Selbst … das Absetzen von Medikamenten wird als passive Sterbehilfe interpretiert und abgestraft.
Es der Patient, der entscheiden muss, ob er ein (verordnetes) Medikament nimmt oder nicht. Und der Patientenwille ist nirgendwo strafbar, auch dann nicht, wenn er dem medizinischen Sachverstand widerspricht.
@ Selbst eine noch so ausgefeilte Patientenverfügung hilft dem Pflegebedürftigen im Ernstfall nicht.
Das ist gut und richtig so. Denn niemand soll glauben, dass er diese schwere Entscheidung einem Dritten überantworten könne. Solch eine Entscheidung – die Medizin zugunsten einer natürlichen Entwicklung abzulehnen – muss jeder selbst treffen, weil es immer eine subjektive Entscheidung bleibt. Die Patientenverfügung ist “nur” als roter Faden im Gespräch mit seinen An- und Zugehörigen zu sehen. Diese Menschen werden wahrscheinlich die Wünsche des Betroffenen zu seinem Lebensende respektieren und erfüllen. Sie werden ihn – hoffentlich – nicht gegen seinen Willen ins Spital schicken, sondern in Ruhe sterben lassen. Die schriftliche Patientenverfügung kann sie dann vor strafrechtlicher Verfolgung (z.B. wegen unterlassener Hilfeleistung) schützen.