Die heile Welt bleibt außen vor
«Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst», sagt eine Volksweisheit, deren Wahrheitsgehalt man mit Hilfe der US-Schriftstellerin Paula Fox und ihrem 1970 erschienenen Roman «Was am Ende bleibt» prüfen kann. Die in New York lebende Autorin wird als Klassikerin der Moderne angesehen, war lange Zeit vergessen und ist in Deutschland besonders mit dem vorliegenden Roman bekannt geworden, über den sich einst das Literarische Quartett recht löblich äußerte. Vergleicht man die ebenso wechselvolle wie tragische Biografie von Paula Fox mit der hier erzählten, blutarmen und beklemmenden Geschichte, hat die Fiktion ihres Romans eindeutig das Nachsehen gegenüber der ereignisreichen Realität eines Lebens, das im Findlingsheim begann, weil ihre irisch/kubanischen Eltern, beide aus der Filmindustrie, zu jung und unreif waren, sie aufzuziehen. Fox selbst gab ihre eigene Tochter als Dreijährige zur Adoption frei und war später dann überglücklich, sie als Erwachsene wiederzufinden.
So war nicht überraschend, dass die Heldin ihres Romans, die Übersetzerin Sophie Bentwood, kinderlos ist. Kinder kommen allenfalls als Störenfriede im Buch vor, die nur Lärm, Schmutz und Unordnung produzieren. Otto Bentwood ist ein erfolgreicher Rechtsanwalt, dessen Freund gerade die Kanzleigemeinschaft mit ihm aufgekündigt hat, worunter er sehr leidet, denn obwohl es ihm finanziell gut geht, fühlt er sich unbehaglich, so alleingelassen von seinem langjährigen Weggefährten. Es sind verschiedene äußere Faktoren, die das Leben des saturierten Mittelschichtpaares Ende Dreißig zunehmend eintrüben. Der Biss einer verwahrlosten Katze wird von Sophie nicht ernst genommen, Ottos Angst wegen einer möglichen Tollwutansteckung zieht sich wie ein Leitmotiv durch die gesamte Geschichte. Fox konterkariert damit den verlogenen «American Way of Life», stellt ihm die damals meist völlig ignorierten Schattenseiten der Wohlstandsgesellschaft gegenüber. Ein gehobenes Wohnviertel, strotzend vor Schmutz auf seinen Straßen, ein aggressiv bettelnder Neger, wie man sie damals noch ungeniert nannte, der unerwünscht in die Wohnung kommt, der Einbruch ins Ferienhaus der Bentwoods als übler Fall von Vandalismus, bei dem der starke Verdacht besteht, dass mit der Betreuung des Hauses durch einen Einheimischen der Bock zum Gärtner gemacht wurde, womit auch diese ländliche Idylle für das Paar nun allen seinen früheren Charme verloren hat.
Sophie zeigt sich antriebslos, kann sich nicht für ein neues Übersetzungsprojekt entscheiden, sorgt sich nicht wegen der Tollwutgefahr, ist trotz Drängen von Otto kaum dazu bereit, einen Arzt aufzusuchen und sich untersuchen zu lassen. Ihr Eheleben ist mit den Jahren langweilig geworden, in einer längeren Rückblende wird über ihre Liaison mit einem Mann berichtet, die schon bald enttäuschend für sie endet. Sogar mit einer langjährigen Freundin, die viele Affären hat, bricht sie abrupt, ausgelöst durch ihren unkontrollierten Wutanfall, bei dem Neid im Spiel sein mochte. Dazu passt dann auch die Schlussszene, bei der Otto ein Tintenfass gegen die Wand wirft, wütend über seinen Ex-Kompagnon, der ihn nicht in Ruhe lässt, «ich bin verzweifelt« ins Telefon kreischt. Die an der Wand in schwarzen Linien zu Boden rinnenden Tintenstreifen symbolisieren im Schlussbild den endgültigen Zusammenbruch der mühsam aufrecht erhaltenen Lebenslüge der Beiden.
Obwohl wenig passiert, lastet über der banalen Erzählung eine unheilvolle Stimmung, mit viel Distanz zum Geschehen ist sie in einer knappen Sprache geradezu unpersönlich erzählt. Das Leben sei nicht heiter und unbeschwert, die Menschen scheiterten an sich selbst. Dieses Psychogram eines Paares fügt dem ewigen Thema Mann und Frau Facetten hinzu, bleibt jedoch sprachlich wie auch im Plot merkwürdig uninspiriert. Keine rasant zu lesende, ereignisreiche Geschichte also, wie sie das Leben schreibt, vielmehr eine Lektüre für illusionslose Realisten, – die heile Welt bleibt außen vor.
Fazit: mäßig
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