Wer war Fritz Mandl?

Wer war Fritz Mandl

Im Zuge des Hypes um die Schauspielerin und Erfinderin Hedy Lamas wurde auch ein gewisser Fritz Mandl wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gespült. Der erste Ehemann des “Ekstase”-Filmstars war selbst aus jüdischer Familie stammend als europäischer „Patronenkönig“ in die Geschichte eingegangen. Er lieferte sein Produkt sowohl an die Heimwehren als auch an die Republikaner Spaniens. Im Exil arbeitete er mit Peron zusammen, später lieferte er auch nach Afrika.

Auf Du und Du mit Mussolini

Mandl hatte aus der Bewunderung für Mussolini keinen Hehl gemacht. Zu seinen besten Freunden gehörte Ernst Rüdiger von Starhemberg und die anderen Heimwehrler des Austrofaschismus, die “Heimwehr-Mandln”. Sein Hass auf den Sozialismus hinderte ihn aber nie daran, auch ihnen seine Patronen zu verkaufen. Die Historikerin Ursula Prutsch hat eine solide Biographie verfasst, die den ganzen Mandl zeigt. Dazu hat sie – nach eigenen Auskünften – nicht nur Zugang zum Nachlass der Familie bekommen, sondern auch Archivbestände in Wien, St. Pölten, Linz, Berlin, Weimar, Bern, London, Washington, Buonos Aires und Rom beackert. Reich bebildert und mit vielen Dokumenten illustriert zeichnet Prutsch das Leben eines typischen Unternehmers nach, der auf dieselbe Schule ging wie Paul Lazarsfeld, Hans Gelsen, Erwin Schrödinger, Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler, Otto Wagner, Lise Meitner oder Elise Richter. 1924 übernahm Fritz die Geschäfte seines Vaters Alexander und wurde Direktor der Hirtenberger AG.

Sozialpartnerschaft einmal anders

Sein Verständnis von Sozialpartnerschaft war durchwegs paternalistisch: als “gerechter und gütiger” Firmenboss brauchten seine Arbeiter keine Gewerkschaft, da er für alle wie ein gerechter Vater sorgen würde. Im Aufsichtsrat der Hirtenberger Patronenfabrik saß nicht umsonst der Bundesparteiobmann der Christlich-Sozialen Partei, die Österreich in einen Ständestaat nach faschistischem Muster umbauten. Die Hirtenberger Waffenaffäre von 1932, bei der gesetzeswidrig Waffen von Italien nach Ungarn geleitet wurden, hätte dieses Projekt beinahe gefährdet. Aber Mandl und die Seinen kratzten nochmals die Kurve. Erst der Nationalsozialismus beendete das muntere, anti-demokratische Treiben der Christlich-Sozialen. Mit ihrer Spielart des Faschismus hatten sie jedwedes patriotische Bewusstsein der Österreicher für einige Jahrzehnte zerstört. 1938 wollte dann niemand mehr für dieses Österreich einstehen. Außer den Kommunisten, die sogar dann noch von einem österreichischen Nationalbewusstsein sprachen, als es illegal und letal war.

Patronen ob Krieg oder Frieden

Es scheint schier unglaublich, wie sich ein Mann durch all die Wirrnisse der Zwischenkriegszeit und des Zweiten Weltkriegs hindurchlavierte und mehr oder weniger sein Hab und Gut bis in die Siebziger Jahre hinein retten konnte. Obwohl er von gleich mehreren Geheimdiensten beschattet und argwöhnisch betrachtet wurde, hatte er doch immer wieder die richtigen Kontakte, um sich den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Schließlich hatte er ja stets beide Seiten beliefert und war somit stets Geschäftsmann geblieben. Aber gerade dieses Zusammenspiel von Big Business mit Diktaturen nimmt Prutsch exemplarisch ins Korn und versucht zu erzählen, wie skrupellose Rüstungsgeschäfte und die Machenschaften der Geheimdienste das Europa des 20. Jahrhunderts zerrütteten. Fritz Mandl: ein österreichischer Unternehmer.

Ursula Prutsch
Wer war Fritz Mandl
Waffen, Nazis und Geheimdienste. Die Biografie
2022, Hardcover mit SU, 304 Seiten
ISBN 978-3-222-15071-5
Molden Verlag
€ 24,99


Illustrated by Sryria Verlag Graz