Das Beste von allem

Das Beste von allem Von wegen Fernsehen hält vom Lesen ab. Von wegen Fernsehen stumpft ab und trägt nicht zur Bildung bei. Hätte ich nicht die grandiose Fernsehserie Mad Men gesehen, hätte ich dieses Buch nicht gelesen. Denn natürlich will man wissen, womit der gefährlich attraktive, geheimnisvolle Don Draper sich eine einsame Nacht verkürzt. So er denn mal ausnahmsweise eine hat. Natürlich will man mitreden können. Könnte ja sein, dass man den gefährlich attraktiven, geheimnisvollen Don Draper plötzlich im Aufzug trifft und er auf einen Whiskey Sour auf seine Bürocouch bittet.

Wer also aufmerksam den Mad Men zuschaut, sieht das Beste von allem. Sowieso, aber so lautet eben auch der Titel von Don Drapers Bettlektüre. Das Beste von allem ist ein amerikanischer Bestseller aus dem Jahre 1958, geschrieben von der 2005 verstorbenen Schriftstellerin Rona Jaffe. Anläßlich des überraschenden Erfolgs der Mad Men entstaubt, neu aufgelegt und für die deutsche Ausgabe auch neu übersetzt. Liebevoll verpackt in ein schickes Buchdesign, wahrscheinlich entworfen von Sterling,  Cooper, Draper, Price.

Sie verdienen das Beste von allem. Den besten Job, die beste Umgebung, die beste Bezahlung, die besten Kontakte. Inspiriert von dieser Stellenanzeige in der New York Times schrieb Rona Jaffe ihren Roman, der über einen Zeitraum von 3 Jahren 5 junge Frauen begleitet, die ihren Weg im New York der fünfziger Jahre suchen. Draper wollte wohl herausfinden, welche Wünsche junge,amerikanische Frauen in ihren Herzen tragen. Denn genau darum dreht sich letztendlich alles in diesem geschickt aufgebautem Roman. Der Leser lernt zunächst Caroline Bender kennen. Eine junge Frau, von der Liebe enttäuscht, klug, smart und natürlich hübsch. Sie beginnt als Schreibkraft in einem Verlag, arbeitet sich sehr schnell hoch und wird so eine der ersten Karrierefrauen ihrer Zeit. In ihrem Herzen sehnt sie sich aber immer noch nach der allumfassenden, allerfüllenden Liebe. Den anderen Frauen begegnet sie an ihrem Arbeitsplatz. Mary Agnes, die nur arbeitet, um ihre Aussteuer zu finanzieren. Barbara, eine junge, alleinerziehende, geschiedene Mutter – ein Skandal zu jener Zeit. Die flatterhafte April, die sich ins Showbusiness träumt und schließlich Gregg, eine junge Schauspielerin, die ein tragisches Ende finden wird.

5 junge Frauen auf der Jagd nach dem Glück und dem richtigen Leben in der großen Stadt. 5 junge Frauen, mit denen der Leser tief in die Moralvorstellungen und Werte jener Zeit eintaucht. Aber auch 5 junge Frauen, die der Leser durch das aufregende, pulsierende, alles möglich und machbar erscheinende New York der Nachkriegszeit begleitet. In den fünfziger Jahren war das Buch bestimmt ein Tabubruch und auch als solches konzipiert. Die Stadt und ihre Gesellschaft vibriert zwar vor Aufbruchsstimmung, aber das Frauenbild und die Geschlechterrollen sind noch klar determiniert. Wer außerehelichen Sex hat, gilt schon als Schlampe. Für die damalige Zeit war es eigentlich undenkbar, dass die fünf Frauen in dem Buch ihre Sexualität lebten und – noch schlimmer – darüber sprachen. Die Moralvorstellung heute ist sicher eine andere, aber das Buch funktioniert auch heute. Es überrascht, in wie vielen Aspekten das Buch heute genauso relevant ist wie damals.

In ihrem Geleitwort zur Neuauflage 2005 schrieb Rona Jaffe selbst: Das Buch handelt von Veränderung, wie sich die Träume verändern, wie sich das Leben verändert, wie alles, was einem zustößt, etwas anderes verändert Und das bleibt immer gleich. Genau so ist das. Das Buch berührt Frauen und Männer heute genauso wie in den 50er jahren. Es macht nachdenklich, es wühlt auf, aber es macht auch Spaß, die Frauen auf ihrem Weg zu begleiten. Ein bißchen ist es wie Sex and the City. Nur geschrieben und in den 50er Jahren angesiedelt. Aber genauso prickelnd. Womit sich der Kreis zum Fernsehen wieder geschlossen hätte.

 


Genre: Romane
Illustrated by Ullstein Berlin