Sing a bit of Harmony

Sing a bit of Harmony

Die KI Shion soll im Feldversuch beweisen, dass KIs im täglichen Leben nicht auffallen. Deshalb soll sie auf Anordnung der Forscherin Mitsuko, die sie entwickelt hat, in eine Highschool gehen. Was Mitsuko nicht weiß: Ihre Tochter Satomi, Streberin und Außenseiterin der Klasse, kennt das Projekt ihrer Mutter und weiß sofort, dass es sich bei Shion um eine KI handelt. Shion, die offen und authentisch ist, sorgt mit ihrem extrovertierten und seltsamen Verhalten für Aufsehen in der Klasse Satomis und schon bald kommen noch mehr Schüler hinter das Geheimnis Shions: Frauenliebling Gocchan, dessen Freundin Aya, Technik-Nerd Toma und Judoka Thunder finden ebenfalls heraus, dass Shion eine KI ist. Aber Satomi beschwört ihre Klassenkameraden, den anderen nichts zu erzählen – ihre alleinerziehende Mutter würde sonst ihren Job verlieren. Allerdings hat sie in Aya eine engstirnige und unberechenbare Klassenkameradin, der es eine Freude wäre, Satomi eins auszuwischen. Um Haaresbreite entgeht Shion einer Entdeckung, als sie der angeschlagenen Beziehung zwischen Aya und Gocchan auf die Sprünge hilft und Aya Satomi und Shion deshalb danken will. Auch Satomi selbst hilft Shion, indem sie die Freundschaft zwischen ihr und Toma wieder kittet. Und für Thunder ist sie eine gute Trainingspartnerin. Allerdings hat das Grüppchen um Shion nicht mit Mitsukos missgünstigem Vorgesetzten Saijo und ihrem Untergebenen Nomiyama gerechnet: In der männerdominierten Welt der Technik sind Frauen nicht gern gesehen und so versuchen sie alles, um Mitsuko zu diskreditieren.

Segen und Fluch der Technik, ethische Fragen zur intelligenten Technik

Die KI wird in diesem Anime sehr technikfreundlich dargestellt. Japan ist ein Land, das Technik generell sehr aufgeschlossen und optimistisch gegenübersteht. Die Animes spiegeln das wider, z.B. auch im Manga und Anime „Astro Boy“, der Kultstatus genießt. KIs werden meist menschlich dargestellt, als Lebewesen, wobei direkt oder indirekt die Frage gestellt wird, ob sie dann auch menschliche Rechte genießen sollen bzw. ob sie als menschlich anzusehen sind. Dieser Anime bejaht die Frage, denn das Grüppchen um Satomi hat gute Erfahrungen mit der KI gemacht, die anderen helfen will. Die KI zeigt eigenen Willen, verhält sich sozial und erfüllt damit für die Teenager menschliche Kriterien. Ausgereift ist sie allerdings noch nicht, denn sie verhält sich nicht unauffällig menschlich. Die KI wird nur von den Männern um Forscherin Mitsuko als bedrohlich angesehen.

Im Anime wird aber auch deutlich, wie abhängig Technik machen kann. Der SF-Anime zeigt deutlich einen Alltag, für den Roboter und intelligente Technik selbstverständlich sind und den man im Umkehrschluss ohne diese Technik so ohne Weiteres nicht mehr bewältigen kann. Was, wenn diese Technik ausfällt? Oder sich gar gegen einen wendet?

Frauen- und Männerbild

Die Frauen in diesem Anime sind unterschiedlich, ähnlich wie in der Realität. Mitsuko sticht hervor, weil sie alleinerziehende Mutter ist und trotzdem Karriere macht. Synchronsprecherin Sayaka Ohara bringt es auf den Punkt: „ […]die Karrierefrau, die in der von Männern domminierten Gesellschaft herumgeschubst wird und dennoch aus Überzeugung alles gibt.“ Dass Ohara sagt, es sei „sehr leicht“ für sie, sich in Mitsukos Situation hineinzuversetzen, spricht Bände. Der Anime spiegelt hier die unschöne Realität wider, dass Frauen immer noch mehr leisten müssen als Männer und trotzdem nicht anerkannt werden. Sie werden jeden Tag diskriminiert und müssen mehr kämpfen, mehr arbeiten, mehr stemmen und mehr aushalten als Männer – was sie im Umkehrschluss extrem stark macht. Und sich deshalb automatisch die Frage stellt, ob Männer unter solchen Bedingungen überhaupt noch bestehen würden, denn sie sind solche permanenten Härten im Leben nicht gewohnt. Schön, dass im Anime nicht die missgünstigen, intriganten, diskriminierenden Männer gewinnen, sondern die Frau und insgesamt die Menschlichkeit.

Mitsukos Tochter Satomi muss ebenfalls sehr stark sein: Sie stemmt den Alltag weitgehend ohne die Mutter und sorgt haushaltstechnisch sogar für sie mit, ist vernünftig, strengt sich für gute Noten in der Schule an und ist deswegen und wegen ihres introvertierten Charakters Außenseiterin. Sie muss also wie ihre Mutter viel aushalten und generiert daraus ebenfalls große Stärke, die sie für den Alltag aber auch für ihre Überzeugungen und im Kampf gegen den Großkonzern nutzt. Ihr Äußeres ist nicht klischeehaft weiblich, sondern androgyn bis männlich. Das unterstreicht noch ihre Andersartigkeit, die sie positiv einsetzt.

Aya kommt anfangs mit ihrer Eifersucht und ihrer ablehnenden Haltung Satomis und Shions gegenüber unsympathisch daher, aber sie hat für ihr Verhalten ihre Gründe. An ihr sieht man, dass man nicht nur die Maske oder Fassade eines Menschen beurteilen soll.

Saijo und Nomiyama sind typische Vertreter eines patriarchalen Männerbildes: destruktiv, skrupellos, machtgierig im Fall Saijos, dessen schwaches Ego eine starke, kompetente Frau nicht ertragen kann. Lieber sieht er einen unfähigen Mann wie Nomiyama anstelle einer fähigen Frau auf einer zentralen Position, damit seine eigene nicht gefährdet wird. Nomiyama kann es nicht verkraften, dass er von einer Frau übertrumpft worden ist und will sich mithilfe Saijos an ihr rächen, indem er sie in Misskredit bringt und stürzt. Die beiden sind das Paradebeispiel für asoziales, machismohaftes Verhalten.

Gocchan ist ein Frauenschwarm, weil er gut aussieht. Aber er selbst findet das nicht so gut, denn er möchte nicht aufgrund seines Äußeren beurteilt werden, sondern aufgrund dessen, was er ist. Er befürchtet, dass seine Freundin Aya aber genau das tut: „Ich komme mir vor wie ihr Designertäschchen!“ Nachdem er erkannt hat, dass Aya ihn nicht so oberflächlich betrachtet, wie er befürchtet, ist er ihr ein liebevoller Freund. Er erleidet eigentlich genau das, was Frauen alltäglich passiert: Sie werden nur nach ihrem Äußeren beurteilt und nicht nach dem, was sie innerlich sind. Frauen werden auch darauf getrimmt, sich für ihr Äußeres zu interessieren: Mode, Schminke, Figur. Die Reduktion auf das Äußere schadet Menschen, und Gocchan ist zurecht nicht gewillt, das mitzutragen.

Toma als Technik-Nerd hat ebenfalls eine Außenseiterposition: Er entspricht nicht dem gutaussehenden Sportler und ist damit nicht männlich genug für eine patriarchale Gesellschaft. Dafür ist sehr sozial und lösungsorientiert, was seiner Umgebung und v.a. Satomi zugutekommt. Er hat sich seine eigene soziale Bubble gesucht und gefunden, also seine Nische in einer Welt, in der er nicht viel zählt. Er steht für die Männer, die in einer patriarchalen Gesellschaft ebenfalls unter einem destruktiven Männerbild leiden.

Thunder ist gutmütig. Er entspricht dem Sportlertyp, wenn er auch nicht gutaussehend ist, und ist nicht so intelligent. Insgesamt hat er aber ein gutes Herz, was letztlich zählt.

Musik als Ausdruck der Gefühle und als Heilung

Der Anime ist ein wenig wie ein Musical konzipiert. Es kommen viele vom Text und von der Melodie her herzerwärmende Songs vor, die die Situation und die innere Gefühlslage der Figuren treffen. Dadurch werden sie sich selbst mehr bewusst und dessen, was sie wirklich wollen. So geschieht mit ihnen Veränderung und Heilung. Musik und Kunst allgemein wird im realen Leben gern als Therapie für psychisch kranke Menschen eingesetzt.

Wer Disneyfilme mag, wird wohl auch diesen Anime mögen, wobei trotz der Musik immer noch die Handlung im Vordergrund steht.

Weiterentwicklung der Charaktere und soziale Beziehungen

Alle Charas entwickeln sich im Laufe der Story positiv weiter, weil sie ihre Stärken und ihr authentisches Ich entdecken, ebenso das Ich der anderen. Sie lernen sich und die anderen zu schätzen, kritisch und menschlich zu sein und ihre eigene Haltung zu entwickeln und durchzusetzen, auch gegen Widerstände von außen und gegen Selbstzweifel. Damit sind sie Vorbild für sich entwickelnde Teenager. Auch die Romantik kommt nicht zu kurz, ebenso die Probleme, die man vor und während einer Beziehung haben kann. Ebenso werden Freundschaften geknüpft und vertieft. Harmonie, Fürsorge, Einstehen für andere, Empathie sind große Themen.

Technisches und Extras

Sprachen: Deutsch, Japanisch, Untertitel Deutsch

Laufzeit: 110 Minuten

Blue Ray

Extras: 16-seitiges Booklet (u.a. Infos zum Film, Interview mit Yasuhiro Yoshiura, Vorstellung der Charas), 1 Poster, 2 Artcards

FSK: ab 6 Jahren

Fazit

Spannender SF-Anime inklusive Romantik, ethischen Fragen und einem starken Frauenbild.


Genre: Romantik, Science-fiction
Illustrated by Crunchyroll, Yasuhiro Yoshiura

Yashahime – Princess Half-Demon

Dämonenjagd

Einige Jahre sind vergangen, seitdem Kagome, Inuyasha und ihre Freund*innen nach dem Jubel der vier Seelen gesucht haben. Die Kinder der Gruppe sind mittlerweile Teenager und über die Zeiten verstreut. Dämonenjägerin Sango und der Mönch Miroku sind Eltern von mehreren Kindern.  Kagome und Inuyasha haben Moroha bekommen, die jetzt Dämonen jagt. Inuyashas Halbbruder Sesshomaru hat Zwillingstöchter, die bei einem Waldbrand getrennt worden und je in einer anderen Zeit aufgewachsen sind. Towa lebt jetzt in Japan, kann sich aber an ihre Vergangenheit erinnern. Ihre Zwillingsschwester Setsuna dagegen bleibt im mittelalterlichen Japan und ist jetzt wie Moroha eine Dämonenjägerin. Sie erinnert sich nicht mehr an ihre Schwester. Towa dagegen lebt bei Kagomes jüngerem Bruder, und dessen Familie. Aber eines Tages kehrt sie durch Zufall in ihre Zeit zurück und gerät in einen Kampf mit ihrer Schwester. Auch wenn sich das Missverständnis schließlich klärt, bleibt Setsuna gegenüber Towa kühl und misstrauisch. Trotzdem schließen sich die drei Mädchen zusammen, da sie jeweils einen Seelenkristall hüten, der von den Dämonen sehr begehrt ist. Außerdem will Towa Setsuna ihre Erinnerungen und Träume zurückbringen. So erleben die drei Dämonenjägerinnen – die selbst Halb- oder Vierteldämonen sind – ein Abenteuer nach dem anderen.

Die Mangaka

Die Anime-Serie ist die Fortsetzung der Anime-Serie „Inu Yasha“ aus den 80ern, die aber immer noch beliebt ist. „Inu Yasha“ basiert auf einer gleichnamigen Manga-Vorlage der Mangaka Rumiko Takahashi, die als erste Frau im Shonen-Manga-Bereich (Shonen = Jungen) Fuß fassen konnte. Takahashi hat mehrere Serien und kürzere Mangas kreiert, die v.a. in den 80ern ihren Anfang nahmen wie „Ranma ½“, „Maison Ikkoku“, „Mermaid Saga“ und „One Pound Gospel“. Erfolgreichen Mangas folgen Animes oder Anime-Serien, so auch hier. Takahashi hat eine größere Themenbreite; diese reicht von Horror/Sagen bis zu (Situations-)Komik im Alltag oder in Fantasywelten. Sagen oder Fantasy spielen bei ihr immer wieder mal eine große Rolle im Setting. Ihre Mangas, eigentlich für Jungen konzipiert, werden aber auch gern von Mädchen gelesen.

Frauen- und Männerbild

Hier verbirgt sich aber ein großer Stolperstein: Der Topos des lüsternen Alten, der in den 80ern und 90ern für „Humor“ gesorgt hat – auf Kosten der Mädchen und Frauen. Dieser ist ebenso in Dragonball zu finden (Herr der Schildkröten) und auch in „Detektiv Conan“ (Rans Vater). Diese Art des Humors ist kritisch zu betrachten, denn er geht, wie schon geschrieben, auf Kosten des weiblichen Geschlechts, das damit verobjektiviert und zudem sexuelle Belästigung massiv verharmlost wird. Anders ausgedrückt: Er hat in Mangas und auch sonstwo nichts mehr zu suchen! Im Fall von „Inu Yasha“ und „Yashahime“ kommt dieser Lüstling in Form eines Flohdämons daher. Leider hat Rumiko Takahashi wohl nie diesen kritischen Topos hinterfragt und sich den Gegebenheiten für Mangaka angepasst – vielleicht auch des Erfolgs und Geldes wegen, denn sie verwendet alle Topoi, die damals für Jungenmanga angesagt waren.

Es sagt schon einiges über das Frauenbild in Japan aus, wenn Shojo-Manga (Manga für Mädchen) kein so hohes Ansehen genießen wie Shonen-Manga und Mangaka sich vom Shojo-Bereich in den Shonen-Bereich „hocharbeiten“, unter anderem um mehr Geld zu verdienen. Zu denken geben sollte in diesem Zusammenhang auch, dass Mangas für Jungen ein Männerbild transportieren, das v.a. dem männlichen Ego dient, z.T. sehr destruktiv ist, in jedem Fall aber körperliche Stärke, Wettbewerb, Kämpfe und auch Gewalt in den Vordergrund rückt. Das Soziale kommt v.a. in Form der Sidekicks und Bewunder*innen vor, ist also de facto nicht sehr sozialtauglich. Frauen werden gern verobjektiviert und als Sexobjekte dargestellt. In Shojo-Mangas dagegen spielt das Soziale umfassend eine Rolle, ebenso die psychologischen Vorgänge der Figuren – sie taugen damit deutlich mehr als Vorbild als die Jungenmanga. Männer/Jungen sind in Mädchenmanga sozialer eingestellt und auch deutlich hübscher und deutlich weniger bemuskelt als in Jungen-Manga. Dasselbe gilt natürlich für die Anime-Ableger dieser Manga.

Ansonsten stehen in „Yashahime“ die Mädchen im Fokus – dabei aber eher weniger im Fokus des männlichen Fanblicks, sondern in ihren je eigenen Charaktereigenschaften und Fähigkeiten. Das ist gut so, denn Frauen und Mädchen sind eben nicht vorrangig für den männlichen Blick gedacht, sondern eigenständige Wesen, die unter der Verobjektivierung leiden bis hin zu Gesundheitsstörungen und Selbstmordgedanken. (Wer wird schon gerne beschnitten in ihrer Wertigkeit, ihren Fähigkeiten und ihrem Charakter, nur um auf Äußerlichkeiten reduziert und bloß als Sexualobjekt gesehen zu werden?)

Die Hauptfigur Towa muss noch extra gegen Klischees ankämpfen: Sie kleidet sich wie ein Junge und denkt nicht daran, sich in das Korsett schnüren zu lassen, das die Gesellschaft für Mädchen und Frauen vorgesehen hat. Körperlich starke Mädchen? Geht gar nicht! Towa dagegen macht mehr als deutlich: Klar geht das! Und wer’s nicht glauben will, kriegt eins aufs Maul. Setsuna ist ebenfalls umfassend stark, überlegt, kalt und klug – alles Eigenschaften, die Frauen und Mädchen gern abgesprochen werden. Und Moroha benimmt sich „undamenhaft“ – das Wort allein signalisiert schon das Beschneiden dessen, was Weiblichkeit eigentlich ausmacht: das Umfassende, das „Gute“ wie das „Schlechte“ und alle Schattierungen dazwischen.

In diesem Anime sind Frauen sowohl auf der „guten“ als auch auf der „bösen“ Seite; die Kämpfe werden oft zwischen Frauen geführt, die Männer spielen insgesamt eine eher untergeordnete Rolle (zumindest in den Folgen, die mir vorliegen). Selbst der lüsterne Dämon hat zum Glück bis jetzt keine großen Auftritte. Da ist frau liebend gern undamenhaft, bedeutet das doch, endlich das eigene Selbst zu finden und dem Selbst freien Lauf zu lassen! Auch dem zerstörerischen Selbst, denn Frauen werden v.a. von den negativen Emotionen und dem Ausdruck dessen ferngehalten – sie sollen keine positive Aggressivität und damit Durchsetzungskraft entwickeln. Die drei jungen Frauen hier besitzen sie, und das tut einer weiblichen Zuschauerin mehr als gut…

Sonstiges

Ansonsten wird ein Fantasy-Mittelalter der japanischen Art geboten: Mittelalter verbindet sich mit der japanischen Sagenwelt und geht außerdem eine gelungene Beziehung mit Action, Abenteuer und Comedy ein. Die erste DVD (Episode 1-6) wird mit Booklet, einer Box und einem Poster geliefert. FSK 12. Wahl zwischen mehreren Sprachen möglich. In Japan veröffentlicht 2020.

Fazit

Sehenswert, wenn man Funtasy (Comedy und Fantasy) mag.


Genre: Abenteuer, Comedy, Fantasy
Illustrated by Crunchyroll