Mit seinem Bestseller »Das Methusalem-Komplott« thematisierte Frank Schirrmacher das Phänomen einer rapide alternden Gesellschaft. Mit »Minimum« legt er den Finger auf die wunde Familie und das drohende Sterben einer Nation durch fehlenden Nachwuchs. Auch mit diesem Buch gelingt es ihm, demografische Entwicklungen populär zu veranschaulichen.
Der Autor sieht in der aktuellen gesellschaftlichen Situation Parallelen zum Jahre 1945: heute müsse sich Deutschland ebenso wie nach Kriegsende um einen Wiederaufbau bemühen; es gelte, die Familie als existentielle Kraft wieder zu beleben, um das Land neu zusammen zu setzen. — Warum? — In naher Zukunft seien fast siebzigjährige Kinder mit ihren noch lebenden Eltern unterwegs, von denen bereits ein Drittel gänzlich ohne Enkel bleibe. Eine Welt, in der wir aber aufgrund steigender Lebenserwartungen siebzig Jahre lang Kinder sein können und in der gleichzeitig Kinder als nachwachsende Ressource fehlen, sei so ungewöhnlich, dass uns dafür im Augenblick sogar noch die Begrifflichkeit fehle, schreibt Schirrmacher.
Eine Gesellschaft ohne Kinder ist eine sterbende Gesellschaft, das bedarf keiner Erläuterung. Dabei lässt sich nachweisen, dass nur durch den Kontakt mit Kindern das Bedürfnis, selbst Kinder haben zu wollen, geweckt wird. Abhängig ist dies bereits von den Familienverhältnissen der Elterngeneration: wachsen Kinder mit jüngeren Geschwistern auf, entsteht eine Fürsorgemotivation, die sich bei Erwachsenen in höherer Kinderliebe und stärkerem Kinderwunsch ausdrückt — und umgekehrt! Daraus folgt: immer weniger Kinder werden später immer weniger Nachwuchs produzieren wollen, Familienbande reißen, Sippen erlöschen, der Staat zerfällt.
Die heutige von Telenovelas erzogene Elterngeneration hat vor dem Hintergrund sozialer Krisen und kultureller Konflikte andere Interessen, als ausgerechnet Kinder in die Welt zu setzen. So schließt sich der Kreis, den Schirrmacher schlägt. Dabei weist er leider keine Wege, wie sich die Erkenntnis, wonach Blut dicker ist als Wasser, in konkretem Kindersegen niederschlagen könnte. Aber vielleicht erklärt er in seinem nächsten Buch, wie Deutschland vor titanischem Untergang und sozialem Bankrott bewahrt werden kann?