Zufällig besucht die Queen einen Bücherbus, der vor ihrer Palastküche parkt und lernt dort Norman Seakins kennen, einen lesehungrigen Küchenjungen. Angetan von seiner Begeisterung für Literatur befreit sie ihn vom Tellerwaschen und ernennt ihn zu ihrem persönlichen Amanuensis. Als literarischer Assistent bekommt der karottenköpfige Junge einen Stuhl nahe dem Büro der Queen und verbringt seine Zeit zwischen der Erledigung kleiner Aufträge mit Lesen.
Angeregt durch die Zufallsbekanntschaft liest die Queen immer mehr und verliert schnell ihr Interesse an höfischen Pflichten. Das stößt auf den Widerstand ihres Hofstaates, der meint, Lesen zähle nicht zu den Kernkompetenzen einer Monarchin und sei lediglich Zeitvertreib. Die Königin liest fortan, weil sie sich zu ergründen verpflichtet sieht, »wie die Menschen sind«. Im Umgang mit Büchern fühlt sie sich als Gleiche unter Gleichen, denn Bücher buckeln nicht und verhalten sich republikanisch gegenüber ihren Lesern.
Ihre Leselust wird zum Lesefrust ihrer Umgebung, die ungern mit Gewohnheiten bricht. Künftig fragt sie nämlich jeden, dem sie Audienz gewährt, was er denn gerade lese und will sich außerdem mit Staatsgästen über Literatur unterhalten. Ihre Begeisterung für ihr neues Hobby wird zur Besessenheit, und ihren offiziellen Verpflichtungen kommt die Monarchin nur noch mit sichtbarem Unwillen nach: »Grundsteine werden weniger schwungvoll gelegt; die wenigen Schiffe, die noch zu taufen waren, sandte sie mit kaum mehr Zeremoniell auf hohe See hinaus, als man ein Spielzeugboot auf den Teich setzt, denn immer wartete ein Buch auf sie.«
Schon bringen ihr Besucher Bücher statt Blumen mit, im schlimmsten Falle sogar selbst verfasste. Und die Queen liest weiter, sie hat den Eindruck, etwas versäumt zu haben, weil sie erst im Alter das Lesevergnügen entdeckte. Bald will sie die Verfasser der vielen interessanten Bücher persönlich kennen lernen und lädt sie in ihren Palast. Doch dabei stellt sie fest, dass Schriftsteller ebenso sehr Phantasiefiguren ihrer Leser sind wie ihre Romanhelden und belässt es darauf beim Lesen. Schließlich überlegt sie, statt der üblichen Weihnachtsansprache im Fernsehen an ihre Untertanen, ein Gedicht von Thomas Harding vorzulesen.
Um sie wieder auf den »richtigen« Weg zu bringen, wird Norman von den Hofschranzen an eine Universität versetzt, wo er ein Literaturstudium beginnt. Seine ehemalige Arbeitsgeberin vermisst ihn zwar, erfährt aber nichts von der plötzlichen Wende in seinem Leben. In Ermangelung ihres literarischen Gesprächspartners beginnt sie, ihre Gedanken zu Papier zu bringen und Notizbücher zu füllen. Nun denkt sie ernsthaft darüber nach, selbst zu schreiben … doch ob das einer Monarchin geziemt?
Alan Bennett schildert in seiner Novelle, wie Lesen Menschen beeinflussen und verändern kann. Er beweist diese These ironischerweise am – natürlich fiktiven – Beispiel der Queen, von der außer repräsentativem Winken kaum Neigungen bekannt sind. Mit seiner Erzählung, die in einer unerwartet konsequenten Wendung mündet, macht er die Monarchin menschlich und liebenswert. So leistet er neben der Aufgabe, schreibend für das Lesen zu werben, gleichzeitig seinen Beitrag als britischer Untertan, seine Königin liebenswert zu machen, indem sie sich vom Souverän zur souveränen Leserin entwickelt.
Diskussion dieser Rezension im Blog der Literaturzeitschrift