Dieser Island-Krimi von Arnaldur Indridason beginnt einigermaßen makaber. Eine Frau schleppt einen Arbeitskollegen nach einer Party ab. Das wäre ja noch nichts Besonderes. Der Ort, zu dem sie ihn führt ist allerdings durchaus ungewöhnlich, zumindest als Schauplatz amouröser Abenteuer: Der Alte Friedhof in der Innenstadt der Hauptstadt Islands, Reykjavik. Womit das Pärchen nicht gerechnet hatte: In unmittelbarer Nähe entdeckt es eine Leiche. Nun mangelt es naturgemäß auf einem Friedhof nicht an Toten. Allerdings liegen diese normalerweise nicht auf, sondern in ihren Gräbern.
Womit es Kommissar Erlendur und seine Kollegen von der Mordkommission Reykjavik zu tun bekommen ist eine tote junge Frau, die nackt inmitten der Blumen auf dem Grab des isländischen Freiheitskämpfers und Nationalhelden Jón Sigurdsson liegt. Und was den isländischen Kriminalpolizisten lange Zeit zu schaffen macht, ist die Tatsache, dass es ihnen nicht gelingen will, die Identität der Toten herauszufinden. So tappen Erlendur, seine Kollegen Sigurdur Óli und Elinborg im Dunkeln, rätseln über das mögliche Motiv für diesen Mord und den exponierten Ort, an dem die Tote gefunden wurde. Die Ermittlungen führen sie in den Westen Islands, zu den Westfjorden und in mehr als nur unappetitliche Zusammenhänge zwischen Immobilienspekulationen, Fischfangquoten und Prostitution.
In der edition lübbe sind mittlerweile neun Bücher des isländischen Autors Arnaldur Indridason erschienen. „Todesrosen“ erscheint als neunter Band und ist doch in Wirklichkeit der zweite Roman aus der Reihe rund um den Leiter der Mordkommission von Reykjavik, Erlendur und seine Kollegen. Wer die anderen, hochspannenden, Kriminalromane schon kennt, wird hier noch einmal in der Chronologie zurückgeworfen und wird einige Selbstverständlichkeiten, die man aus den bisher gelesenen Roman schon kennt, in ihrer Entstehung nachvollziehen können.
Dieser nun in deutscher Übersetzung vorliegende Fall hat gleichwohl schon alle Ingredienzien, die auch die später geschriebenen Krimis von Indridason ausmachen: So klein Island sein mag und so gering die Einwohnerzahl dieser Insel im Nordatlantik ist, so brutal fallen die Morde in diesen Krimis aus. Die Aufklärung der Verbrechen führt lesend in die Tiefen der isländischen Gesellschaft und scheut nicht vor ausführlichen Ausflügen in die Geschichte der Insel und seiner Bewohner zurück. Das Personal, dass die Romane von Indridason „bevölkert“ ist nicht minder realistisch und widersprüchlich gezeichnet. Eine besondere Spezialität des Autors ist aber, die Spannung bis zu den letzten Seiten seiner Geschichten aufrechtzuerhalten. Wer im Verlaufe der Lektüre sich der Aufklärung sicher glaubt, wird regelmäßig auf den letzten Seiten der Romane eines besseren belehrt. Prädikat: Hochspannend.