Haben Katzen Knochen im Penis?
Die Autorin ist bestimmt nicht mehr nur in ihren Ferien aktiv, wie immer mal wieder über sie zu lesen ist. Fred Vargas mag zwar, weil sie in ihrem erlernten Beruf als Archäologin gewiss nicht ungern tätig war und die ersten Bücher sie bestimmt nicht reich machten, in den Anfängen ihre Karriere als Teilzeitliteratin begonnen haben. Die Qualität ihrer Bücher allerdings hat sich mit jeder Neuerscheinung signifikant gesteigert, was zum einen unzweifelhaft ihrem Talent zuzuschreiben ist, sich aber wohl auch – ganz irdisch – einer gewissen Steigerung der mit Schreiben verbrachten Arbeitszeit verdanken mag.
In ihrem neuesten Werk, „Die dritte Jungfrau“ hat sie eine weitere Sprosse in der Qualitätsleiter erklommen. Wobei dieses Bild wohl zu viel Mühe suggeriert. Die Erzählung kommt natürlich nicht – wie könnte sie auch, ob des Sujets – „leicht“ daher. Wohl aber freut sich die Leserin und der Leser über eine Flüssigkeit, die nichts mit Oberflächlichkeit zu tun hat. Fred Vargas entwickelt ihre Figuren ebenso behutsam wie dezidiert weiter: Den überaus komplizierten Charakter des Jean-Baptist Adamsberg wie die intelligente Schrulligkeit seiner Mitspieler, der Mitarbeiter der Pariser Sonderkommission des Morddezernats. Die Vargas macht ihre Lesegemeinde dabei zu Komplizen – und wer „leidet“ nicht mit, wenn die immer wieder von Adamsberg verlassene Geliebte nun von einem anderen Mitglied jenes Kommissariats „erobert“ wird? Wer unter den treuen Leserinnen und Lesern wird es nicht mal „zärtlich“ mal „merkwürdig“ berühren, wenn schon auf den ersten Seiten zu erfahren ist, dass Adamsberg mit eben jener Musikerin ein gemeinsames Kind hat – Adamsberg als Papa?
Kurz gesagt: Auch der neue Band in der im Grunde einen, langen Erzählung der Fred Vargas zieht sehr schnell und gekonnt in den Bann. Und neben der Raffinesse der Erzählkunst ist es (handelt es sich doch um nichts anderes als einen Kriminalroman) die Spannung, die sich mit dem Fortgang der Lektüre aufbaut.
Adamsberg hat es mit einer Mordserie zu tun, die zunächst weniger als Mord, denn als Fall unerlaubter Graböffnung und Leichenschändung in zwei Fällen daherkommt. Die Gräber zweier Jungfrauen werden von einer unbekannten Person geöffnet, den Leichen wird offensichtlich Haar abgeschnitten und schließlich werden die Gräber wieder geschlossen.
Beide Damen fanden ihren Tod in der Normandie. Die Polizei dort hatte sich mit der Aufklärung keine große Mühe gegeben, war dem ersten Anschein gefolgt und die Fälle als Selbstmord zu den Akten gelegt. Adamsberg wird im Laufe der Ermittlungen zusätzlich in abstruse Fälle von Wilderei verwickelt, lernt einiges über kirchliche, jahrhundertealte Heilversprechen und wird zudem in seine Kindheit zurückgeworfen. Alles gemeinsam spielt tatsächlich auch für den eigentlichen Fall eine Rolle und – versprochen – was die Auflösung betrifft, wird man wieder auf das Trefflichste in die Irre geführt. Ein Lesegenuss und ein Spaß der nur von einer Archäologin erfunden werden konnte – und nicht nur wegen der Grabschänderei.