Walter Laufenbergs Regionalkrimi beleuchtet auf ebenso unterhaltsame wie tiefsinnige Weise eine historisch turbulente Zeit in Heidelberg. Der Roman schildert das Leben am Hofe des Pfalzgrafen Karl Philipp, dessen schillernder Hofnarr Perkeo nicht nur für humorvolle Einlagen, sondern auch für das Beschaffen von dringend benötigtem Geld verantwortlich ist. Dabei nimmt der Autor seine Leser mit in eine spannende und zugleich skurrile Geschichte, in der Kriminalfall und Zeitgeschichte miteinander verschmelzen.
Der Plot: Lotterie, Mord und Intrigen
Pfalzgraf Karl Philipp steht vor einer Mammutaufgabe: Sein Heidelberger Schloss ist in einem erbärmlichen Zustand, sein Lebensstil aufwendig, und die Staatskasse ist leer. Um Abhilfe zu schaffen, initiiert sein treuer Weinkumpan, der Hofnarr Perkeo, eine Lotterie, deren Hauptgewinn zehn Prozent der eingezahlten Lossumme beträgt. Doch die Lotterie bringt nicht nur Geld in die Kasse, sondern auch Unheil – der erste Gewinner, ein Jesuitenpater, stürzt unter mysteriösen Umständen, wird vom Hofmedicus für tot erklärt und verschwindet mitsamt Gewinn.
Während die verschiedenen Religionsgemeinschaften der Residenzstadt Heidelberg – Protestanten, Katholiken und Calvinisten – erbittert um Einfluss und Mittel ringen, zieht die Spur der Lotterie immer weitere Kreise. Die Jesuiten, bekannt für ihre Gier, betreiben eine vermeintliche Porzellanmanufaktur, die in Wirklichkeit nur englisches Steingut als Porzellan ausgibt, um mit »königlichem« Geschirr in ihrem Gasthaus hohe Gewinne zu erzielen. In diesem brodelnden Spannungsfeld wird Perkeo vom Pfalzgrafen zum Ermittler ernannt. Der kleinwüchsige Narr nimmt die Herausforderung an, bedient sich dabei seiner berüchtigten Trinkfestigkeit und scheut auch nicht davor zurück, Hofdamen und Bedienstete mit vollem Körpereinsatz zu befragen.
Die Mordserie entwickelt sich rasant: Auch der zweite und dritte Gewinner der Lotterie werden ermordet, wobei die wertvollen Preise – Colliers und Ohrgehänge – verschwinden. Die Ermittlungen führen Perkeo zu einem brisanten Verdacht: Die Ehefrau des Kommandeurs der Schweizer Garde trägt plötzlich den gesamten Gewinnschmuck zur Schau. Ist der Kommandeur ein kaltblütiger Raubmörder?
Gesellschaftlicher und historischer Kontext
Neben der spannenden Kriminalhandlung schildert Walter Laufenberg die gesellschaftlichen und religiösen Spannungen Heidelbergs zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Die Stadt, einst eine Hochburg des Protestantismus, wird von den Katholiken als verfallenes Zentrum »klärungsfeindlicher« Lehren gesehen. Diese Konflikte spiegeln sich symbolisch in der Teilung der Heiliggeistkirche wider: Während die Protestanten das Kirchenschiff nutzen, bleibt den Katholiken nur der kleinere Chorraum. Die wachsenden Forderungen nach einer Rückgabe der gesamten Kirche verschärfen die Lage.
Die Darstellung des Pfalzgrafen Karl Philipp und seines Hofnarren Perkeo zeigt die politischen und persönlichen Herausforderungen jener Zeit. Karl Philipps Vorliebe für Pracht und Prunk führt letztlich zur Verlegung der Residenz von Heidelberg nach Mannheim im Jahr 1720, wo er seinem Traum von Glanz und Gloria näherkommt. Der Narr Perkeo, einst sein engster Vertrauter, verschwindet bald darauf spurlos von der Bildfläche.
Sprachliche und stilistische Besonderheiten
Walter Laufenberg brilliert mit einer ausgefeilten Dialogtechnik, die die historische Szenerie lebendig werden lässt. Mit einem feinen Gespür für Ironie und Humor porträtiert er die Beziehung zwischen Karl Philipp und Perkeo, die von tiefer Freundschaft bis hin zu latenter Feindschaft reicht. Dabei gelingt es dem Autor, historische Fakten geschickt in die Handlung zu integrieren und dem Leser die komplexen Zusammenhänge auf unterhaltsame Weise näherzubringen.
Fazit
Walter Laufenbergs Roman ist weit mehr als ein einfacher Krimi: Es ist eine faszinierende Zeitreise in das barocke Heidelberg, ein vielschichtiges Porträt von Macht, Religion und Intrigen. Der ironische Unterton und die originelle Ermittlungsmethode des Narren Perkeo machen die Geschichte zu einem Lesegenuss. Für Liebhaber von Historienromanen und Regionalkrimis ist dieses Buch ein absolutes Muss.
Walter Laufenberg: Weinkumpane. Roman
SALON Literatur VERLAG
248 Seiten, HC, € 22,50