Wer mit einem literarischen Serienhelden so erfolgreich ist, wie Donna Leon mit ihrem „Commissario Brunetti“ (oder ist vielleicht die wirkliche Serienheldin doch Venedig?) wird vom Publikum gerne auf die Rolle als „Autorin der Brunetti-Romane“ reduziert. Man darf aber wohl davon ausgehen, dass der seit nunmehr fast dreißig Jahren in Venedig lebenden US-Amerikanischen Schriftstellerin das Verfassen der Kriminalromane mit ihrem sympathischen Kommissar Guido Brunetti nicht als „Reduktion“ auf Etwas vorkommt.
Dass Donna Leon auch die kleine literarische Form beherrscht, dass sie kurze Geschichten erzählen, Glossen verfassen und auch journalistische Beiträge verfassen kann, dies ist in dem Sammelband „Über Venedig, Musik, Menschen und Bücher“ nachzulesen.
Das Buch, schon 2005 im Diogenes Verlag erschienen, versammelt in sechs Kapiteln kurze Texte, die die Autorin zwischen 1997 und dem Jahr 2005 veröffentlicht hat. In diesen, zumeist sehr kurzen Texten, beschreibt Donna Leon ihre Wahlheimat Venedig, („Weil es keine Autos gibt, hat Venedig die Freiheit, zumindest für seine Bewohner das zu sein, was es an Zahlen gemessen ist: eine Provinzstadt mit kaum 70.000 Seelen, wo eine der wichtigsten Quellen der Unterhaltung der Klatsch ist und wo es folglich keine Geheimnisse gibt.“ Seite 12), offenbart ihr Fremdeln mit elektronischer Kommunikation („E-Mail-Monster“, Seite 297), schwärmt für den klassischen Gesang („La Serve fedele – Cecilia Bartoli“, Seite 85) oder verrät etwas über ihre eigentliche Heimat im Kapitel „Über Amerika“.
Die Texte sind heiter, amüsant, kritisch und ernst. Vor allem sind sie gut geschrieben, von einer Schriftstellerin, die ihr Handwerk versteht und die wir hier „jenseits von Brunetti“ erleben können.