Reichstag for Sale

Dieter Skei ist ein Pleitier und Hochstapler, der mit seinem Freund Danni, einem arbeitslosen Gelegenheitsschauspieler, versucht, den großen Coup zu landen. Dazu hat er die Schnapsidee ersonnen, den Berliner Reichstag an ausländische Investoren zu verscherbeln, um ihn danach wieder anzumieten, damit der Bundestag auch weiterhin ruhig schlafen kann.

Um seinen Betrug überzeugend einzufädeln, schlüpft er in die Rolle eines bundesdeutschen Staatssekretärs, unter dessen Namen er Kontakt zu einer amerikanischen Heuschrecke und zwei russischen Oligarchen aufnimmt. Beide Seiten wollen die gewünschten Millionen platzieren und sind am Erwerb einer Immobilie, die eine derart todsichere Rendite verspricht, interessiert. Dabei geht es Skei lediglich darum, eine Reservierungsgebühr abzugreifen, die bei Annahme des Kaufpreises fällig wird.

Skei schlüpft nun in seine Rolle als Regierungsvertreter, während Freund Danni den Notar spielt, der alles beurkunden soll. Beide rechnen nicht damit, dass auch der Bundesnachrichtendienst Wind von dem seltsamen Geschäft bekommt und den echten Staatssekretär informiert. Der ist, wen wundert´s, korrupt bis aufs Blut und will selbst die Kohle einsacken. Nun entwickelt sich ein Wettlauf um das Geld, zu dem sich auch noch Skeis zwielichtiger Finanzier gesellt, der ebenfalls den Hals nicht voll genug bekommen kann.

Unterstützung erhält der Hobby-Hochstapler von einer Dame, mit der er 18 Jahre zuvor in der ehemaligen DDR eine kurze West-Ost-Beziehung eingegangen war und die plötzlich wieder in sein Leben tritt. Zum Personal zählt schließlich noch ein Berliner Döner-Buden-Besitzer mit Familien-Beziehungen – all diese Gestalten liefern sich nun einen Parforceritt zum schnellen Geld, der nicht ohne Komik ist.

Im Werbetext zieht der Autor eine Parallele zur Geschichte des Hauptmanns von Köpenick, die allerdings nur bedingt trägt. Wilhelm Voigt, so der bürgerliche Name des falschen Hauptmannes des l. Garderegiments zu Fuß, setzte am 16. Oktober 1906 den Köpenicker Bürgermeister Langerhans gefangen und beschlagnahmte die Amtskasse mit viertausend Mark und siebzig Pfennigen, indem er die Furcht vor der deutschen Obrigkeit, vor Titeln und Uniformen nutzte. Gleich nachdem er durch Denunziation verhaftet wurde, brandete die Forderung nach Freiheit für den „Hauptmann“ auf. Die deutsche Linke prangerte die Verhältnisse an, denen Voigt zum Opfer fiel, die unmenschlichen Zuchthausstrafen, die Polizeiaufsicht und Ausweisungsmethoden, Gewalten, die ihn immer wieder auf die Bahn des Verbrechens drängten und letztlich zu seinem Schelmenstück veranlassten. Deshalb musste Voigt, der wegen seiner Taten in Köpenick zu vier Jahren Haft verurteilt wird, auf Druck der Öffentlichkeit vom verhöhnten Kaiser begnadigt werden.

Mit dem von Schumacher ersonnenen Fall hat das höchstens insofern zu tun, als dass bei Veröffentlichung der Geschichte des Reichstags-Verkaufs eine gewisse Bloßstellung der Bundesregierung erfolgt wäre. Die Doofen wären die Käufer gewesen, an ihnen blieben Hohn und Spott kleben, zumal nicht einmal dem Steuerzahler konkreter Schaden entstanden wäre.

Tatsächlich sind die gesellschaftlichen Verhältnisse in vielen EU-Staaten längst so offensichtlich korrupt, dass der Verkauf des Reichstags ein Schmankerl wäre gegen beispielsweise den Verkauf ganzer Inseln und Häfen durch die griechische Regierung an ausländische Geldgeber. Eine derartige Verflechtung aufzudecken, versucht der Roman nicht ansatzweise, wenngleich der Verfasser so etwas im Hinterkopf gehabt haben mag.

Bei „Reichstag for Sale“ handelt es sich um eine Schnurre, um leichte Unterhaltung, die sich gut liest. Sie dient nicht der Verspottung wie die Komödie, nicht der großen Heiterkeit wie das Lustspiel, nicht der derben Ausgelassenheit wie die Posse, der Text bietet vielmehr leichten Humor, harmlose Heiterkeit ohne Problematik und unbeschwertes Lesevergnügen. Schumachers Geschichte ist leicht geschrieben, liest sich in einem Rutsch und beschert viele amüsante Momente.

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Genre: Romane
Illustrated by Edition Blaes

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