Der Fotosammler – Fantasien

Wohltuend fällt gleich einmal auf, dass wir nicht schon wieder einen Krimi vorliegen haben, wo es zurzeit scheint, man dürfe nur innerhalb der engen Grenzen dieses Genres grasen, um überhaupt öffentlich wahrgenommen zu werden. Dabei entbehrt dem Buch keineswegs die Spannung. Luksans Fantasien (mit diesem Wort ist das Buch ja untertitelt) erzeugen immer wieder diverse Spannungsbögen – ob es um Aufstände in exotischen Ländern geht oder das Einhandsegeln inmitten stürmischer Ozeane.

Die Erzählfigur betrachtet Fotos und leitet Geschichten aus dem Dargestellten ab. Lässt seine Fantasie schweifen, entwirft Mögliches, das von der geschichtlichen Kenntnis gespeist ist, vielleicht aufgrund die Konzentration des „Beobachteten“ wuchtiger einwirkt als langatmige Dokumentationen. Speziell die NS-Zeit kommentiert Luksan auf seine Weise eindringlich und anhand einiger Protagonisten der Fotomotive gar schauderhaft.

Dennoch, oder gerade weil Luksan eine sinnliche, poetische Sprache besitzt, kommen die Bilder des Geschehens bzw. der Fantasien, sehr nahe. An manchen Stellen möchte man sagen, Luksan hat eine Sprache, die sieht. Ob es Gesten der Menschen sind, ihre Gesichter, ihr Habitus: Luksan versteht, so präzise zu schildern, dass die Sprache so etwas wie einen Qualitätssprung der Sinne erfährt: Ihre Augen öffnen sich. Bzw. es ist unser Blick, der durch seine präzisen Sätze schärfer gestellt wird.

Vielleicht liegt eine kleine Schwäche in der Fokussierung auf Fantasien, dass diese, wie für Fantasien üblich, sich manchmal etwas verflüchtigen, sich verirren.

Seine Fantasien sind keineswegs dergestalt zu verstehen, dass Surreales oder Abstruses wichtigmacherisch daherstiefelt. Eher wird die Kraft der Fantasie generell in diesem Büchlein gewürdigt.

Man kann gespannt auf Weiteres des Autors sein.

Manfred Stangl

Martin Luksan: Der Fotosammler – Fantasien, edition keiper 2o17, geb., 136 S, ISBN: 987-3-9o3144-1o-1


Genre: Kurzgeschichten
Illustrated by Edition Keiper

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