Schnee auf dem Kilimandscharo: „Karawong! Karawong! Karawong!“, kracht das Gewehr des Francis Macomber als er auf einen Löwen anlegt. Mit seiner Frau Margot hat er bei Robert Wilson eine Safari gebucht, die ihn verwandelt, aber auch beflügelt. Afrika ist eben kein Land für Feiglinge. Aber als er seine Angst verliert, verliert er auch seine Frau. Oder sein Leben.
Der Schnee auf dem Kilimandscharo
In „Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber“, der letzten Geschichte dieser Short Stories Sammlung von Ernest Hemingway, verachten sich alle drei Protagonisten gegenseitig. Margot ist nur mit Francis zusammen, weil er Geld hat und er mit ihr nur, weil sie schön ist. Robert wiederum verachtet beide, aber er bekommt Geld dafür, dass er sie auf wehrlose Tiere schießen lässt. Der Jäger als Prostituierte. Afrika als Wildpark für besitzende Weiße. Diese Zeiten sind lange vorbei, aber als Hemingway seine Geschichten schrieb, schien die Macht des weißen Mannes noch ungebrochen. Nicht nur in Afrika. Auch „Schnee auf dem Kilimandscharo“, der titelgebenden Story dieses Sammelbandes, spielt in Afrika, nahe dem Ngaje Ngai, Haus Gottes, wie die Masai den westlichen Gipfel des höchsten Berges Afrikas nennen. In dieser Geschichte geht es auch um ein Paar, diesmal ist sie die Reiche und er der Mittellose. Harry, der Schriftsteller, der sein eigenes Talent verrät, weil er die ganze Zeit trinkt, statt zu arbeiten. „Es gab so viel zu schreiben. (…) Er war dabei gewesen, und er hatte es beobachtet, und es war seine Pflicht, darüber zu schreiben; aber jetzt würde er das nie mehr tun.“ Kann seine Frau ihn noch retten?
Die Sorgen eines Boxers vor seinem letzten Kampf
Mr. Frazer, der Spieler in „Der Spieler, die Nonne und das Radio“, findet sein Opium in der Revolution: „Revolution ist eine Katharsis; eine Ekstase, die nur durch Tyrannei verlängert werden kann“. Nicholas Adams, der gleich in zwei Geschichten vorkommt, wiederum tingelt mit seinem Sohn durch Amerika und schießt auf Eichhörnchen und Wachteln. Er hatte bei den Ojibwa gelernt, aber sein Sohn will seinen Großvater besuchen. Auch in „Die Killer“ ist Nick Adams ein Protagonist, der eine unheilschwangere Botschaft an Ole Andersen überbringt. Und in „Wie Du niemals sein wirst“ dient Nick an der Front in Italien, auf dem Weg nach Fornaci. „Fünfzigtausend“ wettet der Boxer Jack Brennan in der gleichnamigen Story gegen sich selbst. Vor seinem letzten Kampf denkt er an seine Sorgen, seine Immobilien, seine Aktien, seine Kinder, seine Frau. 11 Runden hält er durch, bis sein Trainer ihm zuruft: „Jimmy, pass auf!“.
Ernest Hemingway schreibt über Paare, Soldaten, Boxer und Jäger. Aber auch über Frauen. Stets ist sein Ton distanziert und dennoch voller Einfühlungsvermögen. Denn er kennt auch die Gedanken seiner Protagonistinnen. Alle Stories in diesem Band: Schnee auf dem Kilimandscharo; Ein sauberes, gut beleuchtetes Café; Ein Tag Warten; Der Spieler, die Nonne und das Radio; Väter und Söhne; In einem anderen Land; Die Killer; Wie du niemals sein wirst; Fünfzigtausend; Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber.
Schnee auf dem Kilimandscharo. Storys.
Aus dem Englischen von Werner Schmitz
1939, 1950, 1977, 2015;
ISBN: 978 3 499 27286 8
Rowohlt Taschenbuch Verlag