Es trifft fast jeden, obwohl man es tagtäglich verdrängen möchte: das Altern und das reale Leben an sich.
Was fühlt ein alter Mensch bzw. fühlt er nicht mehr, wenn er ab sofort auf fremde Hilfe bis an sein sicheres Lebensende angewiesen ist? Was bedeutet es, als Kind seinen Vater oder seine Mutter allwöchentlich im „Haus der Schildkröten“ zu besuchen?
Annette Pehnt hat kein Sachbuch über das Alter und die damit verbundenen oft verdrängten Begleiterscheinungen geschrieben, obwohl dem Buch eine gründliche Recherche vorausgegangen sein muss.
Vielmehr lässt uns die Autorin langsam und mit genauer Beobachtungsgabe, in das Leben ihrer Protagonisten im „Haus Ulmen“ eintauchen: Frau von Kanter, die kein Wort mehr sprechen kann und trotzdem kommuniziert; der demente Professor, dessen Bewegungsdrang sich immer mehr steigert und der in seiner Enkeltochter Lili seine schon lange verstorbene Frau wiederentdeckt; Frau Hint, die früher so gerne reiste und sich nun in Herr Lukans Hände verliebt; Schwester Gabriele, die ihren täglichen Job macht; und Pfleger Maik, der von den Heimbewohnern besonders gemocht wird, aber von seiner Freundin abgewiesen wird, weil er den süßlichen Heimgeruch mit nach Hause bringt…
Jeden Dienstag besuchen Regina ihre Mutter, Frau von Kanter, und Ernst seinen Vater, den Professor, im „Haus Ulmen“. Sie ertragen diese Besuche mehr als das sie sie lieben, bis sich ihre Wege an einem Dienstag unter den Augen der Immergleichen kreuzen…
Zuneigung und Liebe sind kein Privileg der Jugend. Die Liebe kommt, wann sie kommen will und sie verweilt, wenn wir sie trotz aller Zweifel zulassen. Ob sie von Dauer ist, lässt die Autorin ganz bewusst offen, und damit dem Leser genug Raum, die Geschichte für sich weiter zu schreiben oder Parallelen zu seiner eigenen Lebensgeschichte zu entdecken.
Das Buch ist gewiß keine Dutzendgeschichte über die Liebe und das reale Leben, sondern ein besonders gelungenes Kleinod, das nicht auf dem bereits übersättigten Buchmarkt übersehen werden sollte, und hoffentlich noch viele Leser findet.