Realitäts-Schocker!
Wer die Kriminalromane von Magdalen Nabb gelesen hat, der hatte sich in den vergangenen Jahren in ein nicht gerade idyllisches Florenz hineingelesen. Der Kontrapunkt zur hektischen Renaissance-Metropole mit Tourismuswahn, stickiger Luft und anderen Widrigkeiten, war ein stoischer Carabinieri-Maresciallo.
Wer die mittlerweile drei Romane von Michele Giuttari in die Hand nimmt und liest, wird Vieles wiedererkennen. Sein Serienheld, Commissario Ferrara ist ebenso wie Nabb´s Maresciallo Guarnaccia gebürtiger Sizilianer und auch er ist Polizist – er leitet die Mordkommission der Polizei von Florenz. Mit der biographischen und beruflichen Gemeinsamkeit enden aber auch schon fast alle Übereinstimmungen. Commissario Ferrara ist alles andere als stoisch. Der Mann ist ein Getriebener. Alles um ihn herum bekommen es zu spüren – von seinen Mitarbeitern bis hin zu seiner aus Deutschland stammenden Frau. Das Florenz dieses Polizisten ist um einiges brutaler als die Toscana-Capitale von Magdalen Nabb. Die Schönheit der Stadt, ihre kulturellen Reichtümer, kulinarischen Tradition, ihr Flair – alles rückt angesichts der kriminalen Ereignisse in den Hintergrund. Die Realität schockt die Schönheit weg. Wer Commissario Ferrara in seinen Fällen folgen will, der muss sich auf ein enormes Tempo und kontinuierliche Beschleunigung gefasst machen. Hinzu kommt schwere Kost, was die behandelten Themen und die Verbrechen betrifft.
Die Krimis von Michele Giuttari sind das Werk eines Schriftstellers, der seine Materie besser kennt, als ihm vielleicht lieb ist. Der 1950 in Messina auf Sizilien geborene Michele Giuttari war, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete, Polizist. Ein erfolgreicher Polizist: Er zeichnete sich in der Mafia-Bekämpfung aus und wurde 1975 der Leiter der Mordkommission von Florenz.
In seinem neuesten und dritten Kriminalroman mit und um Commissario Ferrara, „Rachefeuer“, wird die Leserin, wird der Leser schon nach 10 Seiten aus allen eventuell noch vorhandenen Träumen gerissen. Commissario Ferrara wird bei einem Bombenanschlag mitten im historischen Zentrum von Florenz fast getötet. Es folgt eine aufgeregte Ermittlung, die mal hinter Phantomen, mal hinter Mafiosi und islamistischen Terroristen her ist. Das Attentat ereignet sich kurz nach dem Anschlag von Al Quadia auf die Twin-Towers – entsprechend nervös ist die Stimmung in den Sicherheitsbehörden. Aber sind tatsächlich islamistische Terroristen in Florenz aktiv? Oder handelt es sich um einen Bluff, organisiert von der sizilianischen Mafia, die mit Ferrara noch eine Rechnung offen hat? Spätestens nach dem keine 50 Seiten weiter die leitende Staatsanwältin durch einen Sprengsatz ermordet wird, gewinnt die Geschichte eine Dynamik, die die Spannung bis zum unerwarteten Ende der Geschichte kontinuierlich ansteigen lässt.