Ein perfekter Freund

Journalist Fabio Rossi erwacht in einem Krankenhaus. Er trägt einen schweren Kopfverband und wurde offensichtlich brutal niedergeschlagen. Durch die Verletzung ist der Faden der Erinnerung an die letzten Wochen vor dem Unfall abgerissen, und so erkennt er auch die junge Frau nicht, die an seinem Bett sitzt und ihn küsst. Er kann sich schlicht an nichts mehr erinnern.

Offenbar hat Rossi sich in der Zeitspanne, die seinem aktiven Erinnerungsvermögen jetzt fehlt, von seiner langjährigen Beziehung abgewandt und sich neu verliebt. Doch damit nicht genug: er hat auch seinen gut bezahlten Arbeitsplatz als Zeitungsredakteur gekündigt und sich charakterlich stark verändert. Sein einstmals bester Freund und Journalistenkollege, Lucas, scheint ihn darüber hinaus verraten und ihm seine langjährige Beziehung ausgespannt zu haben.

Wie in dichtem Nebel tastet sich der Protagonist durch seine jüngere Vergangenheit und begibt sich auf eine Spurensuche. Dabei muss er feststellen, dass seine gesamten Dateien, Kalender und Aufzeichnungen gelöscht wurden. Hat etwa Lucas ihm eine hoch brisante Geschichte, an der bis zu bis zu seinem Unfall gearbeitet hatte, gestohlen, um sie selbst zu vermarkten?

Mittels Zetteln, Namen, Spesenquittungen und „Geruchsinseln“ setzt der Journalist seinen vergessenen Lebensabschnitt mühsam wie ein Mosaik wieder zusammen. Er findet dabei schrittweise zu seinem letzten Recherchethema, dem Nachweis von Eiweißmolekülen von BSE-verseuchten Rindern in der Schokolade eines Schweizer Süßwarenherstellers. Sollte er von denjenigen dunklen Mächten, denen er auf die Spur gekommen war, aus dem Weg geräumt worden sein, und wird er von ihnen auch weiterhin verfolgt?

Stärker als in den ersten beiden Romanen seiner „neurologischen Trilogie“ entfaltet Suter in „Ein perfekter Freund“ ein Krimi-Szenario, das nach Auflösung drängt. Der „neurologische“ Aspekt des Buches, der Umgang mit einem partiellen Gedächtnisverlust samt seiner sozialen Auswirkungen, rückt dabei ein wenig in den Hintergrund. Insofern fällt der Roman besonders gegenüber dem stärksten Band der Trilogie, “Die dunkle Seite des Mondes“ ab. Hinzu kommen ein paar logische Ungereimtheiten hinsichtlich der Entwicklung der Charaktere, die aber den reinen Unterhaltungswert der gut gebauten, fesselnd geschriebenen Geschichte in keiner Weise mindern.


Genre: Kriminalliteratur
Illustrated by Diogenes Zürich

Ein Gedanke zu „Ein perfekter Freund

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